Nordwest-Zeitung

OLDENBURGS HERZÖGE UND RUSSLANDS ZAREN

4usstellun­g im Landesarch­iv mit Urkunden von allen „oldenburgi­schen“Kaisern

- VON FCNR BEGEROW

Ohne die russischen Za8 ren wäre das Herzogtum Oldenburg nicht zu sei8 ner Größe gelangt. Ur8 kunden im Landesarch­iv zeigen die familiären Verbindung­en und die dynastisch­e Politik.

OLDENBU>G Oldenburg und Russland haben eine ganze Menge gemeinsam: Grund ist die nahe Verwandtsc­haft der russischen Zaren zum Oldenburge­r Herzoghaus. Und ohne die russischen Kaiser wäre es nie zu einem Herzogtum Oldenburg gekommen, sagt Prof. Dr. Gerd Steinwasch­er, Leiter des Landesarch­ivs Oldenburg.

Dort werden in einer Ausstellun­g, die von diesem Donnerstag an zu sehen ist, Urkunden von allen russischen Kaisern aus dem Hause Holstein-Gottorf – von Peter III. (1761) bis zu Nikolaus II. (bis 1917) gezeigt. Die Verwandtsc­haft des Oldenburge­r Herzoghaus­es zum Zarenhaus war weit mehr als eine familiäre Beziehung. „Ohne die Unterstütz­ung der Herzöge durch ihre russische Verwandtsc­haft hätte das Oldenburge­r Land nicht seine heutige Gestalt“, sagt Steinwasch­er und verweist auf die Erweiterun­g des Herzogtums Oldenburg um Cloppenbur­g und Vechta sowie Wildeshaus­en, ferner Kniphausen (beim späteren Wilhelmsha­ven gelegen) zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts.

Heirat genehmigen

„Da zeigt sich, wie europäisch Oldenburg war“, sagt Steinwasch­er. Ohne den Zaren ging in Oldenburg nichts: Der russische Kaiser war zugleich Chef des Hauses Holstein-Gottorf. Eine Heirat im Hochadel musste der russische Zar genehmigen. Das zeigt in der Schau eine Heiratsurk­unde, unterschri­eben von Alexander II. Damit das Jeverland zum Herzogtum gelangen konnte, musste Kaiser Nikolaus I. seinen Verzicht erklären, eine weitere Urkunde der Schau.

Schließlic­h verzichtet­e der letzte russische Kaiser, Niko-

laus II., 1903 auf Ansprüche in Holstein zugunsten der Glücksburg­er Linie des Hauses Holstein-Gottorf, eine weitere (auf Deutsch geschriebe­ne) Urkunde im Oldenburge­r Landesarch­iv, die der Kaiser übrigens als Nicolaus unterzeich­nete. Dass die Verwandtsc­haft in Russland zwar mächtig, aber auch Spielball der Machtpolit­ik war, zeigt das Schicksal von vier der sieben Kaiser: Peter III. wurde umgebracht (im Auftrag Katharinas), Paul I. ebenfalls, Alexander II. wurde von Anarchiste­n erschossen, und der schon erwähnte Nikolaus

II. von Bolschewis­ten ermordet. Das Schicksal der russischen Verwandten „wird die Oldenburge­r Großherzög­e berührt haben“, vermutet Steinwasch­er, und wird auch das Verhalten bei dem Aufstand der Wilhelmsha­vener Matrosen im November 1918 beeinfluss­t haben – die rasche Abdankung.

Verbannung in Sibirien

Nicht nur Fürsten sind aus Norddeutsc­hland nach Russland gezogen, auch Fachleute, die zur Modernisie­rung des Riesenreic­hes beigetrage­n haben

wie Burchard Christoph Graf von Münnich (1683– 1767), der als oldenburgi­scher Wasserbaui­ngenieur nach Russland zog und dort den Ladoga-Kanal schuf, der eine Verbindung auf dem Wasserweg von St. Petersburg nach Moskau ermöglicht­e. Seine Geschichte hat Wolfgang Henninger aufgearbei­tet.

Münnich überlebte eine 20-jährige Verbannung in Sibirien unter Kaiserin Elisabeth, wurde vom ersten Gottorfer Kaiser Peter III. rehabiliti­ert und diente noch unter Katharina II. Ein Teil der Ausstellun­g im Landesarch­iv ist

ihm gewidmet. Weitere Dokumente sind etwa der Briefwechs­el des Oldenburge­r Herzogs Peter Friedrich Ludwig mit Maria, der Frau des russischen Kaisers Paul. Schließlic­h erzählt ein Schnurbuch (eine Art fälschungs­sicheres Rechnungsb­uch) oldenburgi­scher Soldaten im napoleonis­chen Freiheitsk­rieg von einem weiteren Kapitel europäisch­er Geschichte mit oldenburgi­schem Einfluss (Herzog Peter Friedrich Ludwig musste bei seinen russischen Verwandten Zuflucht vor Napoleon nehmen).

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 ?? BILD: HANS BEGEROW ?? Kostbares Dokument: Archivdire­ktor Gerd Steinwasch­er (links) und Wolfgang Henninger zeigen eine prächtige Heiratsurk­unde, die Alexander II. unterzeich­net hatte.
BILD: HANS BEGEROW Kostbares Dokument: Archivdire­ktor Gerd Steinwasch­er (links) und Wolfgang Henninger zeigen eine prächtige Heiratsurk­unde, die Alexander II. unterzeich­net hatte.

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