Auf dem Weg vom Tessin nach Berlin
Leiter des Filmfests von Locarno soll neuer Berlinale8Direktor werden
BE>LIN Der künstlerische Leiter des Filmfests von Locarno, der 46 Jahre alte Italiener Carlo Chatrian, soll Nachfolger von Berlinale-Chef Dieter Kosslick werden. Das berichten die Zeitungen „B.Z.“und „Bild“unter Hinweis auf Kreise des zuständigen Aufsichtsrats. Der Sprecher von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) wollte den Bericht zunächst nicht kommentieren. Die Berufung werde am Freitag vom Aufsichtsrat bekanntgegeben, sagte er.
Die nächste Ausgabe des Festivals ist vom 7. bis 17. Februar 2019 geplant – noch unter der Leitung Kosslicks.
Chatrian soll den langjährigen Berlinale-Direktor Kosslick (70) ablösen, dessen Vertrag im Mai 2019 endet. Grütters hatte als Leiterin der Findungskommission für die Nachfolge eine Zweierlösung
befürwortet. Wen sie am Freitag für den geschäftsführenden Teil vorschlagen will, und ob diese Funktion eine Frau übernimmt, blieb zunächst unklar. Den Medienberichten zufolge wird es die Doppelspitze wohl nur in einer abgeschwächten Form geben.
Chatrian, 1971 in Turin geboren, ist seit 2012 künstlerischer
Leiter des Filmfests von Locarno. Dort ist ihm der Spagat zwischen Kunst und Kommerz nach Meinung von Beobachtern gut gelungen. Er gilt als echter Cineast und international gut vernetzt. In einem Interview der Wochenzeitung „Die Zeit“hatte er noch im vergangenen Jahr gesagt, die Berlinale sei „ein großartiges Festival mit viel Potenzial“, aber er sei eher ungeeignet dafür, „zumal ich ja kein Deutsch spreche“.
Um die Nachfolge für Kosslick hatte es eine heftige Debatte gegeben. Prominente Regisseure hatten in einem offenen Brief einen inhaltlichen Neustart für die Berlinale gefordert. Sie müsse weiter mit den großen Konkurrenten Cannes und Venedig mithalten können.
Die Berlinale ist ein Publikumsfestival mit mehr als 300000 verkauften Eintrittskarten. Sie hat neben dem Hauptprogramm, dem Wettbewerb um die Bären-Trophäen, eine Reihe von weiteren Sektionen, darunter eine Reihe für deutsches Nachwuchskino und das Forum für Experimentierfreudiges. Die Auswahl im Wettbewerb war öfter kritisiert worden. Doch wurde Kosslick zugute gehalten, den deutschen Film gefördert zu haben.