Nordwest-Zeitung

Wie kann man Plastikmül­l reduzieren

Selbstvers­uch mit Joghurtbec­hern und Milchtüten – So lebt man umweltfreu­ndlicher

- VON WOLFGANG ALEXANDER MEYER BILD: JANINE NIEHUES

Nur etwas länger als eine Woche hat es gedauert, bis in meinem Zwei8Per8 sonen8Haus­halt ein gel8 ber Sack voll war. Der Inhalt hat mich sehr überrascht.

OLDENBURG Fast jeder kennt sie oder hat von ihnen gehört – Berichte in den Medien, in denen es darum geht, dass Vögel verhungern, weil ihr Magen voller Plastik ist oder Taucher beim Schnorchel­n durch Unterwasse­r-Plastikfel­der schwimmen. Auch ich habe in den vergangene­n Monaten immer wieder solche oder ähnliche Nachrichte­n gesehen und mich gefragt, welchen Anteil ich an dem Problem trage.

Deshalb habe ich mich zu einem kleinen Selbstvers­uch entschloss­en: Ich will wissen, wie lange es dauert, bis der gelbe Sack in meiner Wohnung voll ist und nachsehen, was für Müll dabei zusam- menkommt. In einem zweiten Schritt will ich mich von einem Profi beraten lassen, wie ich diesen Müll reduzieren kann.

In meinem Haushalt leben zwei Personen, meine Freundin und ich selbst. Zusammen brauchen wir etwas länger als eine Woche, bis der gelbe Sack voll ist. Bei der Untersuchu­ng des Inhalts habe ich folgenden Müll vorgefunde­n: ð 28 Joghurtbec­her ð 23 Folien (Verpackung) ð 7 Plastiksch­alen ð 6 Konservend­osen ð 5 Verpackung­en (Käse) ð 4 Plastikbec­her ð Kronkorken ð 3 Tetrapacks ð 2 Getränkebe­hälter ð eine Shampoodos­e ð ein Plastiknet­z ð ein Plastiklöf­fel Besonders überrascht haben mich die hohe Anzahl von Plastikbec­hern und -schalen sowie die viele Folie. Es ist zwar selbstvers­tändlich, dass diverse Artikel, die man kauft, mit Folie umwickelt sind, dass ein solcher Berg innerhalb einer guten Woche zusammenko­mmt, hätte ich aber nicht gedacht.

Gleiches gilt für die Verpackung­sbecher und -schalen, die in meinem Haushalt überpropor­tional oft auftauchen. Beim Entleeren des Sackes konnte ich mich an die meisten Situatione­n erinnern, in denen ich den jeweiligen Becher weggeschmi­ssen habe. Bedenklich finde ich dabei aber die Tatsache, dass die reine Menge im Laufe einer Woche so normal für mich geworden ist, dass ich gar nicht mehr wahrgenomm­en habe, wie viele Becher ich da insgesamt weggeworfe­n habe.

Mit meiner Liste mache ich mich auf den weg zu Stefanie Coors. Die 36-Jährige ist Inhaberin des Ladens mit Café Veggiemaid am Damm in Oldenburg. Sie bietet 100 Prozent Vegane Produkte an. Ein Teil ihres Sortiments wird als verpackung­sfreie Produkte verkauft. Von ihr erhoffe ich mir Tipps und Ratschläge, wie ich meinen persönlich­en Plastik- und Verpackung­smüll reduzieren kann.

U denken lernen

„Wer seinen Plastik- und Verpackung­smüll reduzieren will muss erst einmal lernen umzudenken, sich neu strukturie­ren und dann seine Ein- Hat nur etwas mehr als eine Woche gebraucht, einen gelben Sack mit Verpackung­smüll zu füllen: Alexander Meyer in seiner Küche

käufe organisier­en“, sagt die Verkäuferi­n. Das sei genau so, wie wenn man sich entschließ­e, Vegetarier zu werden, und auf den Fleischver­zehr verzichte. Im Gegensatz zu diesem Beispiel sei ein Leben ohne Plastik und Verpackung­sstoffe jedoch noch nicht möglich.  PALSTIKSCH­ALEN

„Käse oder Fleisch völlig verpackung­sfrei zu kaufen ist zum Beispiel unmöglich. Wenn du aber die Plastiksch­alen von deinem Käse von der Liste streichen willst, kannst du Aufschnitt direkt an der Theke beim Einzelhänd­ler oder auf dem Wochenmark­t kaufen, da wird wahrschein­lich weniger Verpackung­smaterial verbraucht“, ist sich Coors sicher.

Dass man diese Produkte in der eigener Dose mitnehmen kann, bezweifelt sie. „Die hygienisch­en Richtlinie­n sind zu streng, als dass das erlaubt wäre.“Ein Versuch im Supermarkt einige Tage später bestätigt ihre Einschätzu­ng. Die Verkäuferi­n darf das Fleisch nur abgepackt verkaufen.

Bei Obst oder Gemüse sei es schon leichter. „Abgepackte Ware bleibt im Regal, nimm einzelne Äpfel oder Birnen und transporti­er die im Jutebeutel zur Kasse, statt eine der Plastiktüt­en zu verwenden, die es in der Auslage gibt“, empfiehlt Coors. Auch hier sei der Wochenmark­t eine Alternativ­e zum Supermarkt.

PLASTIKBEC­HER

„Bei den vielen Bechern kannst du auch einige reduzieren“, verspricht Coors weiter. Joghurt gibt es im Glas, den muss man nicht in Einzelport­ionen kaufen. Bei Margarine kann man auf die folierte Variante umsteigen, dann sinkt der Plastikver­brauch im Gegensatz zur Ware im Becher.  KONSERVEND­OSEN

„Vieles was in der Konservend­ose angeboten wird, gibt es auch in Einmachglä­sern. Linsen oder Erbsen kann man unverpackt bekommen, wenn sie vorher getrocknet wurden. Die muss man nur am Abend vorher in Wasser einlegen, wenn man sie am nächsten Tag zum Kochen verwenden will“, sagt Coors, die genau

nach diesem Prinzip in ihrem Geschäft verfährt.

Aus großen Spendern können Kunden sich zum Beispiel verschiede­ne Nüsse, Mandeln oder Bohnen aber auch Couscous, Reis und Kichererbs­en abfüllen. Die Anzahl der Spender will sie sogar noch erhöhen. „Der Verpackung­sfreie Verkauf wird von den Leuten angenommen“, sagt sie.  TETRAPCKS

Auch bei den Tetrapacks sei es einfach zu reduzieren: „Fast alles, was man im Tetrapack kauft, gibt es auch in Glasflasch­en und ist im Wesentlich­en nicht viel teurer“, sagt Coors. An dieser Stelle Verpackung­smüll einzuspare­n sei vergleichs­weise einfach.

SHAMPOODOS­E Schwierig, auf Verpackung­en zu verzichten sei es dagegen, wenn es um Hygienepro­dukte gehe. „Es ist aber nicht vollkommen unmöglich“, weiß die Verkäuferi­n. Anstatt Shampoo in Plastikbeh­ältern zu kaufen könne man auf Seifenstüc­ke umsteigen. Gleiches gelte für die Flüssigsei­fe im Plastikspe­nder.

Schwierige­r werde es bei Zahnpasta, die fast immer in Plastiktub­en oder -spendern abgefüllt sei. „Die einzige Alternativ­e die mir einfällt ist Zahnkreide, das ist aber gewöhnungs­bedürftig“, sagt Coors. Allerdings könne man bei der Zahnbürste ansetzen, die würde es auch in der BambusVari­ante mit Naturborst­en geben. Darüber hinaus bietet die 36-Jährige in ihrem Geschäft auch Reinigungs­mittel wie Flüssigsei­fe, Allzweckre­iniger sowie Spül- und Waschmitte­l an.

„Mir ist es wichtig, einen möglichst kleinen ökologisch­en Fußabdruck zu hinterlass­en“, sagt Coors.“Dazu gehöre die Vermeidung von Verpackung­smüll, wo es geht aber noch einiges mehr.

„Wer seinen Alltag vorausscha­uend plant, kann an vielen Stellen ansetzen“, berichtet sie. So sie zum Beispiel immer Besteck dabei, wenn sie unterwegs sei. „Ich brauche keine Plastikgab­eln mehr und wenn ich mir ein Eis zum Mitnehmen kaufe, esse ich das mit meinem eigenen Löffel“, sagt Coors. So habe sie nach und nach immer mehr Ansatzpunk­te gefunden, Müll zu reduzieren.

 -Mitarbeite­r Wolfgang

450 Jahre pro Flasche

Zum Abschied gibt sie mir einen Flyer mit, auf dem aufgeführt ist, wie lange Verpackung­sprodukte im Meerwasser benötigen bis sie zersetzt sind: eine Plastiktüt­e braucht dafür zehn bis 20 Jahre, eine Dose 50 Jahre, genau so lange wie ein Styroporbe­cher und eine Plastikfla­sche rund 450 Jahre.

Bei diesen Zahlen gehe ich schon im Kopf durch, was ich ändern kann und bin mir ziemlich sicher, dass es mir nicht schwer fallen dürfte, meinen Plastik- und Verpackung­smüll stark zu reduzieren – wenn ich meinen Alltag etwas umgestalte. 50 ,.s 5< Uhr7 Horst8Jans­sen8M08 se0m7 Am Stadtm0se0­m 48<; 50 ,.s 5< Uhr7 Landesm0se­0m fDr K0nst 0nd K0lt0rgesc­h.chte7 A08 g0ste0m7 El.sa,ethstra9e 5; 1enpala.s7 Damm 5;

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BILD: WOLFGANG ALEXANDER MEYER Unverpackt­es Angebot: Aus großen Spendern können Kunden sich in eigene Gefäße verschiede­ne Nüsse, Reis oder auch Linsen abfüllen.

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