Hoffnungsträger
Die Berliner Kulturpolitik ist nachweislich grausig. Da muss man nur die Stichworte Kudamm-Bühnen (die nahezu plattgemacht werden) und Volksbühne (die man in kurzer Zeit herunterwirtschaftete) erwähnen. Nun soll, nicht zuletzt nach Protesten von Filmemachern, Dieter Kosslick 2019 abgelöst werden, jener Festivalleiter der Berlinale, der sich immer so nett mit rotem Schal und Hut in Szene zu setzen weiß, obwohl eigentlich das Festival der Star sein sollte. Aber an der Seite von Hollywood-Größen, die Kosslick stets wichtig über den roten Teppich geleitet, sieht das hübsch aus. Mit Carlo Chatrian kommt jetzt der Chef des Filmfestes Locarno. Das dortige Festival ist ein klein wenig ein Antiprogramm zu Kosslick-Hollywood: Chatrian kann man nicht nachsagen, dass er nur den mehrheitsfähigen Film sucht. In Berlin wird er indes zwei Gruppen bedienen müssen: die ausgewiesenen Cineasten und das allgemeine Publikum. Das wird schwer genug.
Da der italienische Schnellsprecher so gut wie kein Deutsch spricht, hoffen wir, dass er bis zum Amtsantritt einen Kurs nutzt. Kein Franzose würde es etwa tolerieren, wenn in Cannes Deutsch gesprochen würde. Und hoffentlich ist es nicht wieder ein Berliner Fehlgriff, wie es Chris Dercon war, der die Volksbühne in eine Eventbude verwandeln wollte. Was bekanntlich schiefging.
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