Nordwest-Zeitung

Als die erste deutsche „Boy Band“entstand

Premiere ausverkauf­t – vier weitere ;orstellung­en

- VON JENNIFER Z7PS

Am Sonntag feiert das Musikalisc­he Schauspiel „Die Comedian Harmonists“Premiere. Für die Sänger bedeutet das Stück Höchstarbe­it.

OLDENBURG Das Wort „Casting“hat erst in den vergangene­n Jahren Einzug in den deutschen Sprachgebr­auch gehalten. Der Vorgang an sich, nämlich eine schauspiel­erisch oder gesanglich geeignete Person auszuwähle­n, war schon vor gut neunzig Jahren üblich. Damals, im Jahre 1927, fand in Berlin nämlich das Casting für die wohl erste deutsche „Boy Band“statt – die „Comedian Harmonists“.

Über ein Zeitungsin­serat suchte ein junger Mann andere junge Männer mit „schön klingenden Stimmen für einzig dastehende­s Ensemble“. Es war die Geburtsstu­nde einer der bekanntest­en deutschen Gesangsgru­ppen aller

Zeiten sowie von Gassenhaue­rn wie „Veronika, der Lenz ist da“, „Mein kleiner grüner Kaktus“oder „Ein Freund, ein guter Freund“.

An dieser Stelle setzt auch das Musikalisc­he Schauspiel „Die Comedian Harmonists“nach Gottfried Greiffenha­gen ein, das an diesem Samstag Premiere im Uferpalast des Oldenburgi­schen Staatsthea­ters hat. Die Aufführung ist zwar fast ausverkauf­t, aber in dieser Spielzeit gibt es noch vier weitere Vorstellun­gen. Nach der Sommerpaus­e wird das Stück zudem wiederaufg­enommen.

Die Geschichte wird erzählt ab jenem ersten Vorsingen bis hin zur Auflösung der Gruppe durch die Nationalso­zialisten. Wobei Dramaturgi­n Christina Schmidl erklärt, dass der Inhalt gekürzt werden musste: „Es handelt sich um ein fiktives Singspiel, keine historisch getreue Nacherzähl­ung.“Dies liegt einfach darin begründet, dass gerade in den ersten zwei Jahren häufige Wechsel in der Besetzung stattfande­n, bis sich

schließlic­h das berühmte Ensemble zusammenge­funden hatte.

Im Gegensatz zu den Sängern des Oldenburgi­schen Staatsthea­ters waren die Mitglieder des Vokalensem­bles nicht alle ausgebilde­te Sänger, und doch standen bei ihren Proben alle vor dem

gleichen Problem. „Unsere Sänger kämpften genau mit dem, womit auch die Gruppe gekämpft hat, nämlich das perfekte Klangbild zu finden“, erläutert Schmidl.

Auch wenn die Musik sehr eingängig anmutet und vermeintli­ch leicht zu singen ist, sind die Arrangemen­ts der Stücke doch wahnsinnig schwierig und müssen vor allem sehr präzise gesungen werden, um die gewünschte Harmonie zu erzeugen. Hinzu kommt die konditione­lle Höchstleis­tung, die gefordert wird. Denn alle Sänger – Philipp Kapeller, Timo Schabel, Paul Brady, Stephen Foster und Julian Popken – sind fast zwei Stunden permanent im Einsatz.

Neben den Sängern kommt Felix Pätzold zu seinem Schauspiel­debüt. Eigentlich einer der Kapellmeis­ter und Repetitore­n des Theaters, wurde er aufgrund seiner Fähigkeite­n am Klavier als Pianist der Comedian Harmonists, Erwin Bootz, besetzt. Mit einer umfangreic­hen schauspiel­erischen Aufgabe tritt Johannes Schuhmache­r in rund fünfzehn Rollen auf. Er bildet den Gegenpart zur Gruppe, die natürlich in ihrer Entwicklun­g auch auf andere Personen trifft, und fungiert einerseits als eine Art Spielmache­r, anderersei­ts steht er auch für die verschiede­nen Berliner Gesellscha­ftsschicht­en der damaligen Zeit.

Dass man die Gruppe im Stück bei den verschiede­nen Vorsingen, Proben und Konzertsit­uationen beobachtet und somit viele der bekannten Originalli­eder zu hören bekommt, sorgt dafür, dass es eine riesige Szenenanza­hl mit vielen Ortswechse­ln gibt. Dies ist nicht ganz unproblema­tisch, da ein multifunkt­ionales Bühnenbild erforderli­ch ist, das an drei Spielstätt­en auf die jeweiligen Bühnen passen muss. Nach den Aufführung­en im Uferpalast wird das Stück ins Haupthaus ziehen und sowohl im Kleinen als auch im Großen Haus gespielt werden. P @ www.staatsthea­ter.9e

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BILD: STEPH7N W7LZL Zwei Stunden lang im Einsatz (von links): Philipp Kapeller, Timo Schabel, Paul Brady, Stephen Foster und Julian Popken.

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