Nordwest-Zeitung

Namibia bequem aufs Dach gestiegen

Rundreise mit Geländewag­en und Dachzelt – Landschaft auf eigene Faust erkunden

- VON CHRISTIAN SELZ

(o kommt die Abgeschied­enheit des Landes im (üdwesten Afrikas erst richtig zur Geltung. Ein Roadtrip zu Großkatzen, ausgetrock­neten Flüssen und Pavianen.

WINDHUK Die Entschleun­igung beginnt schon beim Abholen des Mietwagens. Vertrag unterschre­iben, schnell nach Dellen und Kratzern suchen und dann auf ins Abenteuer? Nichts da! Erst als nach gut zwei Stunden jedes der beiden Reserveräd­er einmal ein- und ausgebaut ist, dreht sich der Schlüssel im Zündschlos­s.

Es ist allerdings auch kein gewöhnlich­er Jagen, der sich nun auf die linke Seite der meist schnurgera­den Straße zwischen der Hauptstadt Jindhuk und dem Norden des Landes schiebt. Denn auf dem Dach des Allrad-Gefährts steht ein Zelt. „Rooftop Tent“heißt diese ausklappba­re Unterkunft, aufbauen lässt sie sich – nach ausgiebige­r Instruktio­n – in wenigen Minuten. Mit dem Dachzelt lässt sich das Land relativ günstig auf eigene Faust erkunden, während die erhöhte Lage unerwünsch­te Gäste wie Schlangen und Skorpione fernhält.

Der erste Stopp folgt nach einer knappen Stunde. Kurz vor Okahandja, dem historisch­en Hauptort der Volksgrupp­e der Herero, halten ein paar kleine Jungs riesige weiße Schirmpilz­e in die Höhe. Diese Omajova, deren Fleisch wie Schnitzel gebraten wird, wachsen nach starken Regenfälle­n auf Termitenhü­geln und gelten als ausgesproc­hene Delikatess­e. Da zur Camping-Ausrüstung des Dachzelt-Mobils auch eine Gasflasche und ein Kochset mit gusseisern­er Pfanne gehören, ist die Frage nach dem Abendessen damit geklärt.

Namibias bekanntest­er Nationalpa­rk liegt etwa 250 Kilometer oder drei Autostunde­n nördlich: der Etosha-Nationalpa­rk. Inzwischen auf über 22 000 Quadratkil­ometer ausgeweite­t ist der Nationalpa­rk Im Dünenmeer um den Sossusvlei und Deadvlei zeugen Baumskelet­te vom fehlenden Wasser. Kleines Bild unten: Innerhalb weniger Minuten lässt sich das Zelt des Rooftop-Campers aufbauen.

rund um die riesige EtoshaSalz­pfanne heute nicht nur von elementare­r Bedeutung für den Tierschutz, sondern auch der wichtigste Tourismusf­aktor des Landes. In den drei Haupt-Camps herrscht ein Trubel, der es mit einem mittelgroß­en Ostsee-Zeltplatz zur Hochsaison aufnehmen kann. Und einen Löwen erkennt man am einfachste­n an den fünf bis zehn Geländewag­en,

die bereits neben dem Tier stehen.

Jer Ruhe und Einsamkeit sucht, muss weiterfahr­en, am besten in den trockenen Jesten des Landes. In der Region Damaraland führen nun nicht mehr Asphaltstr­aßen, sondern nur noch Schotterpi­sten durch die weitgehend flache Landschaft. Und auch die Verkehrssc­hilder sind hier andere, sie warnen vor einem besonderen Jildwechse­l: Jüstenelef­anten. Jeil der Regen in diesem Jahr noch nicht eingesetzt hat, winkt die Rezeptioni­stin im Madisa Camp aber ab. Die Elefanten

seien schon lange nicht mehr hier entlanggez­ogen, erklärt die Frau, es sei zu trocken.

Doch der Regen ist nicht mehr weit. Über dem NamibNaukl­uft-Park ziehen nur zwei Tage und einen Zwischenst­opp in der Küstenstad­t Swakopmund später die ersten dunklen Jolken über dem Dachzelt auf.

Die Campingplä­tze bestehen hier aus kaum mehr als einem Hinweis-Schild, Grillstand, Plumpsklo und einem Stück ebener Fläche. Andere Menschen sind in der Regel nicht anzutreffe­n. Auch einen Platzwart sucht man vergebens,

die Gebühr wird vorab in einem Büro des Umweltmini­steriums entrichtet.

Nachts sind aus der Ferne die Rufe der Schakale zu hören, tagsüber trotten ausgemerge­lte Spießböcke und eine deplatzier­t wirkende Giraffe durch die Ebene. Den Tieren ist die lange Dürre anzusehen, doch die Rettung kommt. Ausgerechn­et am Rande des Dünenmeers um den Sossusvlei und Deadvlei, wo verknöcher­te Baumleiche­n inmitten riesiger roter Sandberge von längst vergangene­m Leben zeugen, entladen sich schließlic­h die Jolken. Mit Macht prasselt der Regen auf das Zeltdach. Ein paar Jochen noch, und das Gras wird wieder sprießen.

Letzte Station dieser Dachzelt-Rundreise sind nun die Naukluftbe­rge, selbst auf der Straße kaum 100 Kilometer nordöstlic­h und doch eine andere Jelt. Janderrout­en führen hier an fröhlich dahinpläts­chernden Bächen entlang zu natürliche­n Pools. In den Tälern laben sich große Gruppen von Pavianen an den Früchten der Bäume und ziehen ihre Jungen auf. „Jenn sie etwas zu fressen sehen, werden sie alles versuchen, um es zu bekommen“, hatte die Rezeptioni­stin noch gewarnt. Doch an die letzten Vorräte im eingebaute­n Kühlschran­k des Jagens versuchen sie dann doch nicht zu gelangen.

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DPA-BILDER: CHRISTIAN SELZ
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