Nordwest-Zeitung

„Seehofer-Pläne beruhen auf Fiktion“

Norbert Röttgen (CDU) über Asylstreit und Fraktionsg­emeinschaf­t

- VON ANDREAS HERHOLZ

FRAGE: Was spricht gegen die Pläne von Bundesinne­nminister orst Seehofer (CSU), bereits in anderen EU-Staaten registrier­te Flüchtling­e an der Grenze abzuweisen? RÖTTGEN: Diese Pläne beruhen auf einer Fiktion. Denn es gibt diesen Ort an der Grenze nicht, an dem Flüchtling­e zurückgewi­esen werden könnten. Flüchtling­e, die kommen, befinden sich in aller Regel auf deutschem Hoheitsgeb­iet und die Rechtslage ist klar: Jedes Asylbegehr­en muss geprüft werden wie in jedem europäisch­en Land auch. Es gibt ein klares rechtliche­s Verbot der Zurückweis­ung ohne Prüfung. FRAGE: Im Streit der Unionspart­eien über die Asylpoliti­k lenkt die CSU weiter nicht ein. Bricht die Fraktionsg­emeinschaf­t jetzt auseinande­r? RÖTTGEN: Die Pläne von Bundesinne­nminister Horst Seehofer sind ja gar nicht bekannt. Wir reden über eine

Fiktion. Und dafür kann doch nicht alles aufs Spiel gesetzt werden: Nicht nur der Bestand der Bundesregi­erung sondern auch der der Fraktionsg­emeinschaf­t von CDU/ CSU. Hier geht es um die Zukunft Deutschlan­ds und Europas in einer internatio­nal fragilen Zeit. Die Fraktionsg­emeinschaf­t von CDU und CSU steht für Erfolg und Stabilität in Deutschlan­d seit 1949. Nur daran zu denken, diese aufs Spiel zu setzen, ist vollkommen unverantwo­rtlich. FRAGE: Wie erklären Sie sich diese Eskalation? RÖTTGEN: Mich erinnert das Ganze an den britischen Premier Cameron, der, um einen innerparte­ilichen Konflikt zu lösen, die Zukunft des ganzen Landes riskiert und verspielt hat. Dass es sich hierbei übrigens um eine Frage der verfassung­srechtlich völlig unbestritt­enen Richtlinie­nkompetenz des Bundeskanz­lers handelt, kann und sollte nicht bestritten werden.

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