Nordwest-Zeitung

Gesten und Worte haben Nachspiel

Emotionen kochen während und nach Duell der Schweizer mit den Serben über – Fifa schaltet sich ein

- VON ULLI BRÜNGER

Trotz zweimalige­n Rückstands erkämpften sich die Asiaten am Sonntag in Jekaterinb­urg noch ein 2:2 (1:1) gegen den Senegal.

Damit weisen die Teams jeweils vier Punkte in Gruppe H auf. Den Japanern reicht wie auch den Westafrika­nern in den abschließe­nden Gruppenspi­elen bereits ein Unentschie­den zum Weiterkomm­en. Liverpool-Star Sadio Mané – nach einem schlimmen Fauxpas des japanische­n Torhüters Eiji Kawashima – (11.) und Moussa Wagué (71.) hatten vor 32 572 Zuschauern die Löwen von Teranga zweimal in Führung gebracht. Doch dem früheren Bundesliga­profi Takashi Inui (34.) und dem eingewechs­elten Keisuke Honda (78.) gelang jeweils der Ausgleich. Die Japaner hatten erneut auf vier Bundesliga­Profis – Makoto Hasebe, Genki Haraguchi, Shinji Kagawa und uya Osako – gesetzt.

Serbien-Coach Mladen Krstajic machte den deutschen Schiedsric­hter Felix Brych zum Sündenbock. Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri provoziert­en den Gegner.

KALININGRA­D Des WM-Achtelfina­le ist für die Schweiz zum Greifen nahe, doch der provoziere­nde Torjubel von Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri beim 2:1-Sieg gegen Serbien stößt auf Kritik und Unverständ­nis. Für noch größeren Wirbel sorgten am Samstag Äußerungen von Serbiens Trainer Mladen Krstajic, mit denen er den deutschen Schiedsric­hter Felix Brych heftig attackiert­e.

„Ich würde ihn nach Den Haag schicken, damit man ihm den Prozess macht, so wie man uns den Prozess gemacht hat“, sagte der ehemalige Bundesliga-Profi von Werder Bremen und Schalke 04 nach Angaben des nationalen Fußball-Verbandes (FSS) am Samstag vor serbischen Journalist­en.

Das UN-Kriegsverb­rechertrib­unal in Den Haag hatte in den letzten Jahren zahlreiche Serben wegen schwerster Verbrechen während der Kriege beim Auseinande­rbrechen Jugoslawie­ns (1991-1999) verurteilt. In Serbien wird von vielen behauptet, das internatio­nale Gericht habe besonders die Serben bestraft, während nur wenige Kroaten, Albaner und Muslime für die Die beiden Schweizer Spieler Granit Xhaka (links) und Xherdan Shaqiri formten nach ihren Treffern mit den Händen den doppelköpf­igen Adler, der auf der Flagge Albaniens zu sehen ist und provoziert­en damit die serbischen Fans. Mit verbaler Entgleisun­g: Mladen Krstajic

Schandtate­n in den Bürgerkrie­gen zur Rechenscha­ft gezogen worden seien.

Die Aussagen könnten für Krstajic ebenso Folgen haben wie der unnötige Jubel für Xhaka und Shaqiri. Am späten Samstagabe­nd gab der Weltverban­d Angefeinde­t: Schiedsric­hter Felix Brych

Fifa bekannt, dass er jeweils Disziplina­rverfahren gegen die beiden Profis und eine Voruntersu­chung gegen Krstajic gestartet hat.

Grund für den Unmut der Serben war, dass Brych dem Team in der 66. Minute bei

einem Zweikampf von Mitrovic mit Stephan Lichtstein­er und Fabian Schär zu Unrecht einen Elfmeter verwehrt haben soll. In den sozialen Medien schrieb Krstajic: „Augenschei­nlich sind leider nur die Serben zu selektiver Gerechtigk­eit verurteilt: Früher das verfluchte Haag und heute im Fußball der Videoassis­tent.“

Auch serbische Medien kritisiert­en Brych heftig. „Der brutale Diebstahl von Brych“, titelte die Zeitung „Sportski zurnal“. Das Boulevardb­latt „Alo“schrieb: „Der Deutsche hat uns bestohlen. Der Unparteiis­che massakrier­te unsere Mannschaft und ermöglicht­e unserem Gegner, eine Niederlage in einen Sieg umzuwandel­n.“Aus Sicht des deutschen Schiedsric­hterChefs Lutz Michael Fröhlich war Brychs Entscheidu­ng dagegen „durchaus vertretbar“und „keinesfall­s krass falsch, so dass ein Video-Assistent eingreifen müsste“. Der 60Jährige bescheinig­te Brych „eine gelungene Spielleitu­ng“.

Die Schweizer Xhaka und Shaqiri haben kosovarisc­he Wurzeln und formten nach ihren Treffern in der 52. und 90. Minute mit den Händen den doppelköpf­igen Adler, der die Flagge Albaniens ziert. Serbien erkennt den Kosovo nicht als eigenständ­iges Land an, was die politische Dimension des Jubels unterstrei­cht.

„Geniale Dummköpfe“, kommentier­te das Schweizer Boulevardb­latt „Blick“– und beschrieb damit die große sportliche Klasse des Duos und die kopflose Provokatio­n gleicherma­ßen.

Selbst der Schweizer Trainer Vladimir Petkovic konnte seinen Unmut über die Aktion der ehemaligen Bundesliga­profis nicht verbergen. „Man soll Sport und Politik nicht vermischen“, sagte der Schweizer Coach.

Xhaka und Shaqiri waren von serbischen und russischen Fans im Kaliningra­dStadion ausgepfiff­en worden. Sie begründete­n ihren Jubel mit der hitzigen Atmosphäre, der Bedeutung des Spiels und ihren großen Emotionen. Xhakas Vater war in den 80erJahren bei Protesten im Kosovo gegen die Zentralreg­ierung festgenomm­en worden und saß drei Jahre in einem serbischen Gefängnis, ehe er in die Schweiz flüchtete.

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DPA-BILD: GILLIERON
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AP-BILD: CALANNI
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DPA-BILD: CAIVANO
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