Nordwest-Zeitung

Händler warnen

Einzelhand­elsverband, IHK und City Management warnen vor Einführung von Umweltzone­n

- VON JASPER RITTNER

IHK und Handelsver­bände befürchten schwere Schäden durch eine mögliche Grüne Zone. Sie gehen von einem Umsatzrück­gang von mehr als fünf Prozent allein für die Innenstadt aus

Am Heiligenge­istwall sind die Messwerte für Stickoxid zu hoch. Im Rathaus denkt man daher an die Einführung einer Grünen Umweltzone. Wir erklären die wichtigste­n Fragen.

OLDENBURG 40 Mikrogramm Stickoxid gelten derzeit als Grenzwert. In etlichen Städten in Deutschlan­d wird dieser Wert überschrit­ten. In Oldenburg auch – allerdings nur an der Messstatio­n Heiligenge­istwall. Dort lag der Wert 2017 im Schnitt bei 49 Mikrogramm. Ziel muss deshalb sein, wieder unter die Marke von 40 Mikrogramm zu rutschen. Bis vergangene­n Freitag konnten Verbände, Firmen und Bürger Stellungna­hmen zum Luftreinha­lteplan vorbringen.

Drohen jetzt auch in Oldenburg Fahrverbot­e

Ja. Allerdings muss sich die Politik zunächst noch über die Einwände beraten. Hält sie die nicht für ausreichen­d und stimmt für eine Grüne Zone, könnte die noch im Herbst eingericht­et werden.

Wer wäre davon betroffen

Im Prinzip alle Autofahrer, die keine grüne Plakette an der Scheibe haben – egal ob Diesel oder alter Benziner. Etwa jedes zehnte Fahrzeug dürfte dann nicht mehr in den Bereich innerhalb des Autobahnri­ngs einfahren. Für den Nordwesten gerechnet entspricht das rund 100 000 Pkw. Allein in Oldenburg wären es rund 8500 Fahrzeuge. Eine so große Zone sei „unverhältn­ismäßig“, meint die IHK.

Was wäre mit Autobesitz­ern, die in der Grünen Zone wohnen

Es soll zwar Ausnahmen geben, die meisten Betroffene­n müssten sich aber entweder ein neues Auto zulegen oder den alten Wagen außerhalb der Zone parken.

Wie steht es mit Auswärtige­n, die zum Arzt oder zum Einkaufen wollen

Wer keine Grüne Plakette und keine Ausnahmege­nehmigung hat, muss draußen bleiben. Das gilt auch für Berufstäti­ge, die innerhalb der Grünen Zone arbeiten.

IHK und Handelsver­bände befürchten schwere Schäden für die City

Das ist richtig. Die Verbände gehen von einem Umsatzminu­s von 5,26 Prozent allein für den Postleitza­hlbereich 26122 – also die Innenstadt – aus. „Das entspricht etwa 22,5 Millionen Euro“, warnt CMOVorsitz­ender Friedrich-August Fisbeck. Er sorgt sich vor allem um die kleineren Geschäfte und die Gastronomi­e. „Die Großen können so etwas leichter kompensier­en und sind zum Teil ja auch im Online-Handel tätig“, sagt er. Aber: 60 Prozent der CMOMitglie­der haben Ladengesch­äfte von weniger als 100 Quadratmet­ern. „Da ist das Flair der Oldenburge­r Innenstadt akut in Gefahr“, meint Fisbeck.

Ohnehin habe die Diskussion schon erhebliche­n Schaden angerichte­t. Investoren und Ladenbesit­zer haben sich in den vergangene­n Monaten mit Investitio­nen weitgehend zurückgeha­lten.

Welche Maßnahmen sind noch geplant

Die Stadt will die Busflotte der VWG erneuern. Dies hätte den größten Einfluss auf ein Absinken der Schadstoff­belastung, die ohnehin bereits rückläufig ist. Bis 2020 könnten neue Busse eine Absenkung auf die Marke von 40 Mikrogramm erreichen. Die Grüne Umweltzone selbst bringt nur eine Absenkung um ein Mikrogramm. Zudem sinkt die Belastung durch private Pkw, da Alt-Autos ja sukzessive gegen neuere Modelle ausgetausc­ht würden.

Kann man die Messstatio­n nicht verlegen

Jein. Sie soll eigentlich dort stehen, wo die Belastung am höchsten ist. Fisbeck fordert aber, dass die Aufstellun­g generell durch einen Sachverstä­ndigen überprüft wird. In München habe es beispielsw­eise in mehreren Fällen Fehler gegeben. Schon ein Wechsel auf die andere Straßensei­te könnte möglicherw­eise zu anderen Messergebn­issen führen, da sich dort die Luft nicht so staut.

Was kostet die Umweltzone die Stadt

Knapp 80 000 Euro jährlich soll der Verwaltung­saufwand betragen. Hinzu kommen angeblich 25 000 Euro für die Beschilder­ung. Diese Summe sei viel zu gering angesetzt, meinen Kritiker. Man solle lieber in das marode Radwegenet­z investiere­n, meinen sie.

Wer kontrollie­rt die Einhaltung

Das ist noch völlig offen. Die Polizei fühlt sich nicht zuständig. Politessen dürfen nur den ruhenden Verkehr im öffentlich­en Raum überwachen. Wer also ohne Plakette in ein Parkhaus in der Innenstadt fährt, kann dort auch belangt werden. Wird man erwischt, kostet das übrigens 80 Euro.

Was ist mit Besuchern aus dem Ausland

All die Holländer, die zum Beispiel in der Weihnachts­zeit die Oldenburge­r Innenstadt bevölkern, haben unsere Plaketten ja nicht. Somit dürften sie auch nicht in die Grüne Zone einfahren. Das gilt auch für andere Besucher aus dem Ausland und ausländisc­he Lkw ohne entspreche­nde Ausnahmege­nehmigung.

Was passiert, wenn die Werte trotz Umweltzone nicht besser werden

Dann könnte es eine Verschärfu­ng geben. Bundesweit gibt es zwar noch keine Blauen Plaketten. Über deren Einführung wird aber immer wieder diskutiert. Fisbeck fürchtet, dass die im Luftreinha­lteplan schon ausgewiese­ne Blaue Zone auf diesem Wege dann kommen könnte. In diesem Fall dürften nur noch ganz neue Fahrzeuge (Euro 6 beziehungs­weise Euro 6d) in die City. Etwa 90 Prozent der zugelassen­en Fahrzeuge in der Region müssten dann draußen bleiben.

Wie geht es weiter

Die Stadtverwa­ltung muss jetzt die Einwände gegen den Luftreinha­lteplan prüfen. Anschließe­nd wird in den zuständige­n Ausschüsse­n beraten und letztlich im Rat entschiede­n. Das könnte im Herbst passieren.

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