Nordwest-Zeitung

Heftige Debatte um Burkinis

Ministerin Giffey nennt Tragen des Kleidungss­tücks vertretbar

- VON MEY DUDIN

Diese Ansicht wurde in den sozialen Medien scharf kritisiert. Giffey ruderte daraufhin wieder etwas zurück.

BERLIN Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) sieht in der Anschaffun­g von sogenannte­n Burkinis einen pragmatisc­hen Weg, um die Teilnahme muslimisch­er Schülerinn­en am Schwimmunt­erricht zu fördern. „Das Wichtigste ist ja das Wohl der Kinder, und das heißt nun mal, dass alle Schwimmen lernen“, sagte Giffey nach Angaben der „Zeit“-Verlagsgru­ppe vom Montag bei einer Veranstalt­ung am Vortag. Wenn Schulen die Teilnahme am Schwimmunt­erricht förderten, indem sie Burkinis erlauben und ausgeben, sei das zwar nicht gerade optimal und eine schwierige Situation – aber ein pragmatisc­her Weg.

Die Ministerin betonte: „Konsequent müssen wir darin sein, dass alle Kinder am Schwimmunt­erricht teilnehmen.“Wichtig sei nur, dass der Bildungsau­ftrag im Vordergrun­d stehe und die Sache „nicht hochstilis­iert wird zum

Untergang des Abendlande­s“.

Die Aussagen Giffeys stießen auf teils massive Kritik in den sozialen Medien. Daraufhin veröffentl­ichte die Ministerin am Montagnach­mittag eine Stellungna­hme auf ihrer Facebookse­ite, in der sie klarstellt­e: „Um es deutlich zu sagen: Ich befürworte das Tragen von Burkinis im Schwimmunt­erricht nicht.“Auch eine Ausstattun­g von Schulen mit Burkinis aus öffentlich­en Geldern lehne sie ab. „Aus meiner Sicht haben kleine Mädchen keine sexuellen Reize, die es zu verhüllen gilt.“Sie erläuterte, dass einige Mädchen mit ärztlichen Attesten die Teilnahme am Sportunter­richt absagten. „Im Ergebnis nehmen Mädchen nicht am Schwimmunt­erricht teil und lernen deswegen nicht schwimmen. Das kann nicht unser Ziel sein.“Die Ministerin unterstric­h: „Für mich ist das Vermitteln einer Überlebens­technik wichtiger als die Badebeklei­dung.“

Die Debatte war vor zwei Wochen entbrannt, weil eine Schule in Nordrhein-Westfalen solche Ganzkörper­badeanzüge angeschaff­t hatte. Medienberi­chten zufolge stellte das Pestalozzi-Gymnasium in Herne 20 Burkinis für den Schwimmunt­erricht von Musliminne­n zur Verfügung. 15 Schülerinn­en hätten das kostenlose Angebot bereits genutzt, schrieb die „Westdeutsc­he Allgemeine Zeitung“. Ohne den Ganzkörper­anzug wären sie demnach nicht mit männlichen Mitschüler­n ins Becken gestiegen.

Der Vorsitzend­e des Zentralrat­s der Muslime Aiman Mazyek sagte der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“, der von der Schule beschritte­ne Weg sei ein „vernünftig­er und gangbarer Kompromiss“. Doch immer wenn solch vernünftig­e Kompromiss­e gefunden würden, wie Menschen religiöse Gebote und Schulpflic­ht unter einen Hut bringen könnten, „heulen die Islamkriti­ker reflexarti­g wieder auf“, beklagte er.

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BILD: DPA Familienmi­nisterin Franziska Giffey

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