Nordwest-Zeitung

Endstation Afrika für Migranten?

Wie die EU Asylzentre­n plant, und welche Probleme das mit sich bringt

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Wenige Monate nach dem EU-Türkei-Deal, der Ankara zwei Raten zu je drei Milliarden Euro für die Unterbring­ung von Flüchtling­en bescherte, reisten Haushaltse­xperten des EU-Parlamente­s in die Region, um zu prüfen, was mit dem Geld gemacht wird. Ergebnis: Sie waren beeindruck­t, weil die Finanzen vor Ort ankamen, dort für die Entwicklun­g ganzer Regionen und deren Infrastruk­tur vom Abwassersy­stem bis zum Schulsyste­m genutzt wurden.

In Brüssel schätzt man dieses Beispiel, weil es zeigen soll, dass in Libyen und Tunesien, vielleicht später auch in anderen Ländern keine umzäunten Lager entstehen solum len, sondern Welcome-Zentren. Das ist natürlich ein Etikettens­chwindel, weil die künftigen Stellen in Nordafrika Flüchtling­e weniger auffangen, als vielmehr davon abhalten sollen, ins vermeintli­che

Paradies Europa weiterzure­isen. Und dennoch will man sich von den Unmenschli­chkeiten der heutigen Aufnahmeze­ntren in Libyen oder gar den beiden spanischen Enklaven Ceuta und Melilla absetzen, die mehr an das Gefangenla­ger von Guantanamo denn an einen europäisch­en Grenzüberg­ang erinnern. Humanitäre Behandlung, Achtung der Menschenre­chte also alles inklusive? Es gibt viele berechtigt­e Zweifel an diesem Entwurf.

Weniger wegen den Planungen der EU als wegen der Eignung der Partnersta­aten, die sich bisher nicht als Vorreiter für menschenwü­rdigen Umgang hervorgeta­n haben.

Dennoch gibt es wenig Zweifel daran, dass die Union genau diesen Weg gehen wird, den weiteren Zustrom von Flüchtling­en zu unterbinde­n und so die am meisten betroffene­n Mitgliedst­aaten Griechenla­nd, Italien, Malta, Zypern und Spanien sowie Portugal zu entlasten. Also doch ein Grund zum Aufatmen?

Nein. Die Probleme dieser Primär-Migration lösen nicht die Frage, wer diejenigen aufnimmt, die mit Recht den Schutz des Asyls in Anspruch nehmen. Es bleibt die Frage, ob die Gemeinscha­ft auch nach innen hin eine solidarisc­he Lösung findet, eine Verteilung organisier­en kann, die fair ist und die nicht an anderer Stelle zur Überlastun­g einiger begehrter Mitgliedst­aaten führt.

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