Arzt tot – Akten gesperrt
Warum Patienten im Kreis Leer nicht an ihre Daten kommen
Die Hinterbliebenen wollen das Erbe ausschlagen. Die Unterlagen des verstorbenen Arztes zählen zur Erbmasse. WESTOVERLEDINGEN Ein Arzt stirbt und die Patienten kommen nicht mehr an ihre Akten. Der Fall des 66-jährigen Hausarztes aus Westoverledingen im Landkreis Leer, der vor zwei Wochen gestorben ist, erhitzt viele Gemüter. Denn: Nach Angaben von NDR 1 wollen die Hinterbliebenen das Erbe ausschlagen – somit kommen die Patienten nicht mehr an ihre Unterlagen, die zur Erbmasse gehören und in diesem Fall unberührt bleiben müssen.
„So ein Fall ist in meiner Zeit bei der Ärztekammer Niedersachsen noch nicht vorgekommen“, sagt Thomas Spieker, Pressesprecher Ärztekammer Niedersachsen. „Aktuell wird geprüft, ob das Land Niedersachsen für die
Erbschaft zuständig ist.“Laut der Verordnung zur Übertragung von staatlichen Aufgaben auf die Kammern für die Heilberufe übernehme die Ärztekammer die Aktenaufbewahrung, wenn die behandelnde Person verstorben und Mitglied der Ärztekammer gewesen ist und das Nachlassgericht festgestellt hat, dass nur das Land Erbe ist, so Spieker. „Solange diese Prüfung andauert, können die Patienten nicht auf ihre Unterlagen zugreifen.“Die ÄrztekammerBezirksstelle Aurich sammele bereits die eingehenden Patientenanfragen,
um diese über das weitere Vorgehen zu informieren, sobald die Zuständigkeiten geregelt sind.
Und: „Wenn ein Arzt verstirbt und das Erbe angetreten wird, so gehören auch die Patientenakten zur Erbmasse“, sagt Spieker. Die Erben unterlägen mit Antritt des Erbes dann ebenfalls der ärztlichen Schweigepflicht und seien dazu verpflichtet, die datenschutzkonforme Aktenaufbewahrung für mindestens zehn Jahre zu gewährleisten. „Patienten haben auch dann weiterhin die Möglichkeit, eine Kopie ihrer Patientenakte zu erhalten – selbstverständlich wie zuvor in der Arztpraxis auch erst nach Bestätigung ihrer Identität gegenüber den zuständigen Erben“, erklärt der Ärztekammer-Sprecher.
In der Regel müssten sich die Patienten, wenn eine Praxis aufgelöst wird und es keinen Nachfolger gibt, einen neuen Arzt suchen, sagt Detlev Haffke, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Die Akten würden dann von den Erben oder dem Nachlassverwalter aus zu dem neuen Arzt gehen. In diesem Fall könnte nun also die Ärztekammer als „Nachlassverwalter“dafür zuständig sein – das prüfe das Gericht gerade, so Haffke.
Wenn es einen Nachfolger gebe, übernehme dieser die Akten – wenn der Patient mit dem Arzt einverstanden ist, so Haffke. Ansonsten könne sich der Patient, falls er mit dem Nachfolger nicht einverstanden ist, auch einen neuen Arzt suchen und die Akten würden dann an diesen weitergeleitet werden.