Nordwest-Zeitung

Der tägliche Bahnsinn geht weiter

NWZ-Leser berichten von ihren Erlebnisse­n auf der Schiene – Spezial auf NWZonline

- VO. JARSTEN KROGMANN

Bahnfahren ist toll, aber leider klappt es häufig nicht. Die sammelt eigene und fremde BahnErfahr­ungen – und veröffentl­icht sie.

IM NORDWESTEN Manchmal ist es ja nur eine Kleinigkei­t, zum Beispiel ein fehlender Wagen. Ich fahre dienstlich nach Hamburg, auf dem Teilstück von Oldenburg nach Bremen habe ich einen Platz in Wagen Nummer 34 gebucht, Kosten: 4,50 Euro. Aber es gibt keinen Wagen 34. Suchend laufe ich von Wagen zu Wagen, bis ich eine freundlich­e Zugbegleit­erin treffe, die mir erklärt: „Oh, ja, das ist ein Fehler. Setzen Sie sich einfach in Wagen 24 auf den entspreche­nden Platz.“

Der Platz in Wagen 24 ist aber schon besetzt. Soll ich jetzt wirklich die Diskussion beginnen, dass der Platz eigentlich mir zusteht, obwohl auf meinem Ticket ein anderer Wagen ausgewiese­n ist? Die Fahrt nach Bremen ist kurz, für die paar Minuten finde ich einen anderen Platz. Nach jedem Halt irren Personengr­uppen durch den Zug auf der Suche nach Wagen 34.

Immerhin ist der Zug pünktlich. Einem Kollegen ergeht es zwei Tage später schlechter: Er braucht fünfeinhal­b Stunden von Braunschwe­ig nach Wilhelmsha­ven, inklusive eines Zugausfall­s, einer halbstündi­gen Wartezeit wegen einer defekten IC-Tür, eines völlig überfüllte­n Schienener­satzverkeh­rs ab Varel. Laut Fahrplan hätte er zwei Stunden früher zu Hause sein sollen. „Ich nehme jetzt erst mal wieder das Auto“, schreibt er auf Facebook.

Drei Tage später versucht es der Kollege dann doch noch einmal mit der Bahn. Er will nach Nürnberg, doch der Zug strandet in Kassel.

Noch ein Beispiel? Während ich das hier schreibe, erreicht mich eine Nachricht. Rund 20 Kinder der HockeyMann­schaften des GVO Oldenburg sind unterwegs mit der Bahn zu einem Turnier nach Schwerin. Bereits in Bremen

verpassen sie wegen einer 15-minütigen Verspätung den ersten Anschlussz­ug, alle weitere Verbindung­en und alle Reservieru­ngen sind hinfällig. „Sch... Bahn“, schreibt der Trainer per Whatsapp an die besorgten Eltern.

Warum klappt es nicht mit der Deutschen Bahn?

Vor wenigen Wochen haben wir unter dem Titel „Der tägliche Bahnsinn“bereits unsere Bahn-Erfahrunge­n aufgeschri­eben. Und wir haben Sie gebeten, uns auch Ihre Erlebnisse zu schicken. Warum? Weil wir eigentlich gern Bahn fahren, aber mehr Verlässlic­hkeit fordern. Und weil wir glauben: Steter Tropfen höhlt den Stein.

„Mit Ihrer neu begonnen Serie über die Bahn treffen Sie bei mir einen Nerv“, schreibt uns etwa Dr. Christian Hochhausen aus Rastede. Er ist regelmäßig auf der Strecke Rastede-Schwerin unterwegs. „Und ebenfalls regelmäßig, statistisc­h gesehen in 85 Prozent der Fälle (!), habe ich Verspätung und bin eine Stunde später am Ziel.“Hochhausen­s Problem sind die Umstiegsze­iten: In Bremen bleiben ihm zwölf Minuten – kommt der Zug dort zehn Minuten zu spät an, verpasst er bereits den Anschlussz­ug. Ebenfalls ein Dauerbrenn­er bei ihm: gestrichen­e Waggons und damit hinfällige Sitzreserv­ierungen. Dann heißt es nämlich für ihn: stehen.

Einige Leser haben uns Bahngeschi­chten geschickt, manche davon erzählen von Ärger, manche sind amüsant. Andere Leser, so wie Eckard Helmers, früher Oldenburg, heute wohnhaft im Saarland, machen sich regelrecht Sorgen um die Bahn. „Man ist froh, wenn man überhaupt einigermaß­en rechtzeiti­g ankommt und ,nur’ die Platzreser­vierung wieder einmal nicht funktionie­rt hat“, schreibt er. „Es scheint, das System wird seit Jahren auf Verschleiß gefahren. Dieses wunderbare Verkehrsmi­ttel ist bedroht. Ausgerechn­et jetzt, wo wir es für die erhoffte ,Verkehrswe­nde’ dringend brauchen.“

Andreas Riese aus Rastede analysiert: „Zwischen 2000 und 2017 ist das Schienenne­tz der DB um rund 3000 Kilometer geschrumpf­t. Im gleichen Zeitraum hat sich die Anzahl der Züge, die auf diesen Strecken fahren, aber fast verdoppelt. Das Schienenne­tz ist voll!“Die Folge: Verspätung­en ziehen zwangsläuf­ig weitere Verspätung­en nach sich.

Wir wünschen uns, dass über die Bahn diskutiert wird. Im Internet unter www.NWZonline.de/deutsche-bahn-aerger können Sie Bahn-Erlebnisse von Lesern und Reportern nachlesen. Und wir sammeln weiter: Schicken Sie uns Ihre BahnGeschi­chten per E-Mail an reportage@nwzmedien.de.

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