Nordwest-Zeitung

Geiger und Pianist ganz locker

„Gezeitenko­nzert> in ?urich

- VON HORST HOLLMANN

AURICH Es ist eine Mischung aus lockerer Ernsthafti­gkeit oder ernsthafte­r Lockerheit. Egal wie. Der Geiger Daniel Hope fragt jedenfalls in pädagogisc­hen Programmen zu sogenannte­r seriöser Musik gern augenzwink­ernd: „Wann darf ich klatschen?“Spielt er selbst, wie in diesem Falle am Montag in Aurich im Rahmen der ostfriesis­chen „Gezeitenko­nzerte“, wird es mit der Antwort knifflig.

Der Brite mit südafrikan­ischen Wurzeln brilliert im Zusammensp­iel mit dem Pianisten Matthias Kirschnere­it mit einer Technik, die alle Abstufunge­n von zart angedeutet­en Zeichnunge­n bis zum knarzigen Zugriff erlaubt. Das könnte Beifall nach jedem Satz provoziere­n. Doch seine Gestaltung­skraft zwingt die Gäste in der bis auf die letzten Plätze ausverkauf­ten Lambertiki­rche zu atemlos gebanntem Lauschen. Sechs Sätze in der Suite populaire espagnole von Manuel de Falla, vier in den Romantisch­en Stücken von Anton Dvorak und vier in der trotz ihrer komplizier­ten Verschränk­ungen populären ADur-Sonate von César Franck.

Festival-Leiter Kirschnere­it hat das Gastspiel für sich zur Chefsache gemacht. Zwei überaus sensible Gestalter treten also in einen aufregende­n Dialog. Da mögen sie intensiv die Empfindlic­hkeit der Franck-Sonate streicheln, an zugreifend­er Attacke bleiben sie ihr trotzdem nichts schuldig. Es ist auch dieser dynamische Radius, den der Pianist solistisch in Chopins weitschwei­figem b-Moll-Scherzo op. 31 nutzt. Zupackend arbeitet er die Kontraste heraus. Das ist radikal, aber logisch.

Hope erzählt mit Worten und auf der Violine die Geschichte von „Stier Ferdinand”. Auch diese Einlage zeigt, was seinen hohen Stand in der Geigenwelt ausmacht: Musik kann für ihn tiefsinnig oder auch einfach geistvoll sein. Sie wird bei ihm nie banal, weil er sie ernst nimmt.

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