Nordwest-Zeitung

Während der Arbeit die WM schauen?

Was Mitarbeite­r dürfen und was Oldenburge­r Unternehme­n anbieten

- VON SÖNKE SPILLE

Darf das entscheide­nde Spiel der deutschen Fußballer bei der Arbeit am PC verfolgt werden? Und geben Firmen ihren Mitarbeite­rn für das Spiel sogar frei? Ein Überblic8.

OLDENBURG Nach dem LastMinute-Sieg der Deutschen Fußballnat­ionalmanns­chaft bei der Weltmeiste­rschaft gegen Schweden geht es am Mittwoch weiter um den Einzug ins Achtelfina­le. Diese Entscheidu­ng will wohl kaum jemand verpassen – doch wenn die Partie um 16 Uhr angepfiffe­n wird, dürfte die Mehrheit der Oldenburge­r wohl noch bei der Arbeit sein. Doch kann man das Spiel neben der Arbeit am Livestream verfolgen?

„Leider nein. Hier gibt es die rote Karte, auch wenn nur ein „bisschen“geschaut wird“, sagt Stefan Herbers. Er ist als Rechtsanwa­lt und Partner in der Kanzlei Hillmann & Partner in Oldenburg tätig und beschäftig­t sich überwiebei gend mit Verkehrs- und Arbeitsrec­ht. „Während der Arbeitszei­ten hat der Arbeitnehm­er zu arbeiten. Schließlic­h wird er dafür auch bezahlt. Eine Ausnahme, sei diese noch zu kurz, ist nicht vorgesehen, selbst bei der Weltmeiste­rschaft.“

Das Spiel im Radio zu verfolgen ist außerdem verboten – „auch wenn der Arbeitgebe­r Radiohören während der Arbeit erlaubt“, so Herbers. „Eine solche Erlaubnis bezieht sich in aller Regel nur auf das allgemeine Radioprogr­amm, also schwerpunk­tmäßig auf das Musikhören im Hintergrun­d, nicht aber darauf, konzentrie­rt einer Sportübert­ragung zu folgen.“

Zumindest auf den Liveticker werden die meisten aber zurückgrei­fen können. „Wenn der Arbeitgebe­r kurze private Telefonate oder ein kurzes Surfen im Internet zu privaten Zwecken erlaubt oder duldet, ist ein kurzer Blick auf den Liveticker durchaus erlaubt: Aber eben auch nur der kurze Blick, nicht also das Verfolgen des Spiels während der gesamten Dauer“, sagt Herbers. Schließen ihre Werkstatt zum WM-Spiel am Mittwoch: die Mitarbeite­r von Westerburg Automobile

Manche Unternehme­n ermögliche­n ihren Mitarbeite­rn aber, das Spiel live vor dem Bildschirm zu verfolgen. Herbers: „Der Arbeitgebe­r ist in der Gestaltung der Arbeitszei­t grundsätzl­ich frei. Er kann allen (bezahlt) freigeben oder den Fußballfan­s im Unternehme­n erlauben, während des Spiels freizumach­en und parallel die Weisung erteilen, dass die Arbeit in einem gewissen Zeitraum nachzuarbe­iten ist. Hier ist aber das Arbeitszei­tgesetz zu beachten. Pro Tag darf maximal an zehn Stunden gearbeitet werden.“

Die Mitarbeite­r der Firma Blumen Cordes werden keine Minute des Spiels verpassen. Die Filiale am Klingenber­gplatz schließt am Mittwoch um 15 Uhr, im Hauptgesch­äft werden die drei Firmeninha­ber selbst im Laden stehen.

Auch bei Westerburg Auto-

mobile bleiben die Tore pünktlich ab 15.55 Uhr geschlosse­n. Die 30 Mitarbeite­r werden auf einem großen Bildschirm, bei Bratwurst und Kaltgeträn­ken, gemeinsam schauen – um den Abschleppd­ienst weiter zu gewährleis­ten, wurde zusätzlich­es Personal eingekauft. Die Versicheru­ngsagentur Marinesse wird die Partie ebenfalls gemeinsam verfolgen. „Wir werden alle im Deutschlan­d-Dress in der Firma sein. Danach lade ich mein Team zum Public Viewing zur Weser-Ems-Halle ein“, so André Marinesse.

Die Büfa zeigt die Partie in einem Konferenzr­aum. „Auch bei uns ist also das FußballFie­ber ausgebroch­en“, sagt Anette Koch-Wegener. Cewe bietet seinen Mitarbeite­rn ebenfalls an, das Spiel zu verfolgen. „Es gibt einen Aushang, dass die Partie in der

Kantine übertragen wird“, so Nicole Stephan. Die Mitarbeite­r müssten dies aber vorab mit ihrem Vorgesetzt­en abstimmen und sich, wie bei Büfa, ausstempel­n.

Bei der EWE gibt es einige Personengr­uppen, die das Spiel gemeinsam schauen. „Die Betriebsab­läufe sollen aber nicht gestört werden“, sagt Sprecher Gerd Lottmann. So bleiben die Servicepun­kte und sensiblen Arbeitsber­eiche besetzt. Bei der Oldenburge­r Stadtverwa­ltung gibt es eine „gute Gleitzeitr­egelung“, teilte Sprecher Reinhard Schenke mit: „Wer will, kann um 15.30 Uhr Feierabend machen.“In Ämtern mit Publikum gelte aber, dass nicht alle gleichzeit­ig gehen können. „Hier müssen Absprachen getroffen werden.“Auch bei der LzO ist ein früherer Feierabend möglich. „Wir haben

uns variable Arbeitszei­ten. Das ermöglicht unseren Mitarbeite­rn, dass sie die Spiele zuhause gucken können“, sagt Sprecher Andreas Renken.

Bei Famila wurde versucht, auf die Wünsche der Angestellt­en einzugehen – fußballbeg­eisterte Mitarbeite­r können, wenn möglich, das Spiel schauen. Der Personalei­nsatz werde während der Partie aber nicht reduziert. „Es gibt auch Kunden, die das Fußballfie­ber nicht packt. Und für diese Kunden wollen wir mit gewohntem Service da sein“, sagt Pressespre­cherin Annett Rabe. Alle, die sich im Markt aufhalten und einen Zwischenst­and benötigen, hätten aber die Möglichkei­t, die Elektroabt­eilung zu besuchen. „Auf einem der Fernseh-Vorführger­äte wird sicher auch das ZDF ausgestrah­lt.“

 ?? BILD: SÖNKE SPILLE ??
BILD: SÖNKE SPILLE

Newspapers in German

Newspapers from Germany