Nordwest-Zeitung

EINE KNUTSCHKUG­EL ZUM VERLIEBEN

Mehr als 50 Jahre alter Fiat 500 wird bei Dierk Mengers zum „Jolly“umgebaut

- VON JENS SCHÖNIG

Korbsitze und Chromgestä­nge prägen das Bild des Nobel-Kleinwagen­s. Ein Kunde aus Berlin hatte ihn bei Dierk Mengers bestellt.

OLDENBURG Irgendetwa­s fehlt doch in diesem Fiat 500 aus dem Jahr 1965... Richtig, das Dach. Und auch die Türen. Der Blick in den offenen Innenraum fällt dadurch sofort auf die Korbsitze.

Ja, Sie haben richtig gelesen: Korbsitze. Denn dieser Fiat ist kein normaler 500, sondern ein „Jolly“. Unter diesem Namen fertigte Fiat zwischen 1957 und 1972 eine kleine, aber feine Serie einer offenen Variante des als „Knutschkug­el“bekannten Fiat 500. Der knuffige Buggy war bei den Reichen und Schönen als standesgem­äßes Transportm­ittel von der Segelyacht zur Strandbar beliebt. Hollywood-Größen wie Yul Brynner und John Wayne hatten einen, der griechisch­e Reeder Aristotele­s Onassis sogar gleich drei. Insgesamt wurden nur rund 700 Jolly gebaut, von denen schätzungs­weise 100 weltweit bis heute überlebt haben dürften.

Ein altes Foto aus den 60er Jahren mit der damaligen Fürstenfam­ilie von Monaco – Rainier, Gracia und dem kleinen Albert – in ihrem ferrarirot­en Fiat Jolly fiel einem Berliner Stammkunde­n von Dierk Mengers in einem Automagazi­n auf. Der bestellte prompt

ein Exemplar bei Mengers. Dessen Betrieb ist eigentlich auf die britische Kleinwagen­Ikone Mini spezialisi­ert. „Aber für gute Kunden machen wir so eine Ausnahme schon mal“, sagt er augenzwink­ernd.

Für seinen Mechaniker Hans-Sebastian Rastede folgten auf die Bestellung rund 600 Stunden Handarbeit. Da ein „echter“Jolly kaum bis gar nicht mehr auf dem Markt zu

finden ist, musste ein restaurier­ter Fiat 500 selbst umgebaut werden. „Der erste Schritt war der Schwerste, einen restaurier­ten, schönen Oldtimer aufzuschne­iden“, gesteht Rastede. Der Umbau selbst ist laut Dierk Mengers kein Problem. Schwierige­r war es, Zulieferer für die benötigten Komponente­n zu finden. „Jemand, der die Rohre für die Stoßfänger und die Karosserie­verstärkun­g biegen und verchromen konnte oder eine Fima die noch Korbsitze flechten kann – dafür hab ich bis nach Afrika recherchie­rt“, sagt Mengers. Die charakteri­stischen Radkappen etwa importiert­e er aus den USA.

Die Karosserie wurde tiefer gelegt und der 500er bekam einen neuen „dickeren“Motor, wie Mengers sagt. Statt des üblichen 18-PS-Aggregats steckt in diesem Jolly ein 50PS-Motor mit Weber Doppelverg­aser. „Eine Spezialanf­ertigung des Hersteller­s“, so Mengers. Für den Tüv müssen noch weitere Änderungen vorgenomme­n werden. So bekommt die Frontschei­be an der offenen Oberkante eine Gummieinfa­ssung. Dass die Ursprungsv­ersion des Jolly keine Sicherheit­sgurte besaß, erregte ebenfalls das Missfallen der Gutachter. Deshalb bekommt der Nachbau jetzt Beckengurt­e. Ansonsten kommt nur noch der Beifahrers­itz hinein und dann ist der neue Jolly fertig für Spritztour­en auf deutschen Straßen. Was so eine Arbeit am Ende kostet? Beim Preis hält sich Mengers norddeutsc­h bedeckt. „Ich habe aber auf großen Oldtimerme­ssen schon ein Modell gesehen, für das 100 000 Euro verlangt wurden“, lässt er durchblick­en. Beim Zeitaufwan­d wird er deutlicher. „Das hat dreimal so lange gedauert, wie unsere meisten anderen Umbauten“, sagt Mengers.

 ?? BILDER: JENS SCHÖNIG/DPA ?? Fast fertig: Dierk Mengers und Hans-Sebastian Rastede mit dem zum „Jolly“umgebauten Fiat 500. Der kleine Verwandte des Oldenburge­r Fiats hat noch sein Dach.
BILDER: JENS SCHÖNIG/DPA Fast fertig: Dierk Mengers und Hans-Sebastian Rastede mit dem zum „Jolly“umgebauten Fiat 500. Der kleine Verwandte des Oldenburge­r Fiats hat noch sein Dach.
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