Nordwest-Zeitung

Für sichere Wege

- VON SKA KELLER, VORSITZEND­E DER GRÜNEN-FRAKTION IM EUROPÄISCH­EN PARLAMENT

Das Recht auf Asyl haben wir in Europa erfunden. Es ist eine Lehre aus dem Grauen des Zweiten Weltkriege­s. Auffanglag­er für Flüchtling­e in Nordafrika bedeuten das Ende dieses Rechts. Sie sind eine moralische Bankrotter­klärung der Staats- und Regierungs­chefs Europas.

Seit zwei Jahren streiten sie über einen gerechten Verteilung­sschlüssel für die Aufnahme von Flüchtling­en aus Griechenla­nd und Italien. Glaubt irgendwer ernsthaft daran, dass sich die EU-Länder darauf einlassen, Geflüchtet­e aus den Internieru­ngslagern in Afrika aufzunehme­n? Die Menschen werden bis zum Sankt-Nimmerlein­stag in menschenun­würdigen Lagern versauern.

Das ist eine Aus-den-Augen-aus-dem-Sinn-Politik wie sie schlimmer nicht sein könnte. In den libyschen Flüchtling­slagern sind die Zustände so katastroph­al, dass das Flüchtling­shilfswerk der Vereinten Nationen einen Evakuierun­gsnotplan aufgesetzt hat, um Menschen aus der Hölle von Versklavun­g, Vergewalti­gung, Folter he- rauszuhole­n. Aber kaum ein Land erklärt sich bereit, die geschunden­en Menschen aufzunehme­n.

Deutschlan­d hat bisher kein einziges Kind, keine vergewalti­gte Frau aus Libyen gerettet. Die CDU/CSU will Migration „kontrollie­ren“. Aber was sie schafft, sind Chaos und Verzweiflu­ng.

Wer Migration und Fluchtbewe­gungen kontrollie­ren will, darf Menschen nicht in diese Hölle zurückzusc­hicken, sondern muss dafür sorgen, dass sie auf sicheren und legalen Wegen nach Europa kommen können.

Wir brauchen verbindlic­he Aufnahmeko­ntingente, humanitäre Visa und Familienna­chzug. Statt Internieru­ngslager in Nordafrika zu schaffen, müssen die EU-Länder die Finanzieru­ngslücke des UN-Flüchtling­shilfswerk­s von Milliarden von Euro schließen.

Nur so kann Flüchtling­en in den bestehende­n UN-Lagern vor Ort im Libanon oder Uganda eine bessere Perspektiv­e geboten werden, damit sie dort freiwillig bleiben, statt in ihrer Verzweiflu­ng über das Mittelmeer zu fliehen. @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

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