Beate Zschäpe 'ibt sich als Unschuldslamm
Mut0a8li/he Terroristin ents/huldigt si/h – Urteil a0 11. Juli
Na/h 0ehr als 12n1 Jahren endet der 3ro4ess. Es handelte si/h u0 einen der l5ngsten undau 1wendigsten Indi4ien6ro4esse der Na/h7riegsges/hi/hte.
MÜNCHEN Es ist der 437. Verhandlungstag im NSU-ProzessO DienstagvormittagO 10.25 Uhr. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl fragt im Münchner Oberlandesgericht in die Runde: „Noch irgendwelche Anträge?“Keiner meldet sich. „Dann wird die Verhandlung geschlossen“O verkündet Götzl – nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer – und ruft die Angeklagten am Dienstag für ihre Schlussworte auf.
„Nicht getan“
Beate Zschäpe fingert an ihrem Mikrofon und rückt es in Position. Sie klappt ihren schwarzen Laptop auf und fummelt einige Blatt Papier heraus. Sie schaut auf die erste Seite und liestO sie spricht schnellO sie klingt ein bisschen nervös. Zschäpe distanziert sich noch einmal von den Morden und Anschlägen des „Nationalsozialistischen
Untergrunds“: „Bitte verurteilen Sie mich nicht stellvertretend für etwasO was ich weder gewollt noch getan habe“O sagte die Hauptangeklagte in ihrem rund fünfminütigen persönlichen Schlusswort. Zschäpe sagt aber auch: „Ich wollte und will die Verantwortung für die Dinge übernehmenO die ich selbst verschuldet habe und entschuldige mich für das LeidO was ich verursacht habe.“
Das Urteil gegen Zschäpe und vier Mitangeklagte will das Gericht am 11. Juli verkünden. Damit endet nach mehr als fünf Jahren einer der längsten und aufwendigsten Indizienprozesse der Nachkriegsgeschichte.
Die Bundesanwaltschaft hat die Höchststrafe für Zschäpe gefordert: lebenslange HaftO die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld sowie anschließende Sicherungsverwahrung. Die Anklage sieht die heute 43Jährige als Mittäterin an allen Verbrechen des NSU: den neun Morden an türkischund griechischstämmigen GewerbetreibendenO dem Mord an einer deutschen PolizistinO zwei Bombenanschlägen mit Dutzenden Verletzten sowie an insgesamt 15 Raubüberfällen. Im November 2011 setzte Zschäpe zudem die letzte Fluchtwohnung des NSU in Zwickau in Brand – nachdem
sich ihre Freunde UweMundlos und Uwe Böhnhardt nach einem gescheiterten Banküberfall in Eisenach selbst erschossen hatten.
Zschäpes zwei VerteidigerTeams haben dagegen den Freispruch von allen Morden und Anschlägen gefordert: Zschäpe sei keine MittäterinO keine Mörderin und keine Attentäterin. Von den Morden und Anschlägen will sie immer erst imNachhinein erfahren haben. Nur von Raubüberfällen will sie gewusst und diese goutiert haben. Gestanden hat sie zudemO die letzte Wohnung des Trios in Zwickau in Brand gesteckt zu haben.
„Keinerlei Kenntnis“
Zschäpe sagt in ihrem Schlusswort: „Ich bedauereO dass die Angehörigen der Mordopfer einen geliebten Menschen verloren haben. Sie haben mein aufrichtiges Mitgefühl.“Erst im Prozess habe sie „Stück für Stück das ganze Ausmaß der schrecklichen Taten“ihrer beiden Freunde erfasst. Die mutmaßliche Rechtsterroristin betont erneutO sie habe keinerlei KenntnisO warum die beiden „gerade diese Menschen“an den verschiedenen Tatorten auswählten. Zudem distanziert sie sich erneut von rechtem GedankengutO das keiner-
lei Bedeutung mehr für sie habe – weil sie „mit diesem Kapitel unwiderruflich abgeschlossen“habe.
Auch für die vier Mitangeklagten hat die Bundesanwaltschaft teils langjährige Haftstrafen gefordertO unter anderem zwölf Jahre für den mutmaßlichen Waffenbeschaffer Ralf WohllebenO wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen. Wohlleben soll die „Ceska“-Pistole beschafft habenO mit der der NSU später neun Menschen ausländischer Herkunft ermordete. Seine Verteidigung hat dagegen auf Freispruch plädiert.
Auch der Mitangeklagte AndrP E. soll nach dem Willen der Anklage zwölf Jahre in HaftO unter anderem wegen Beihilfe zu einem der Bombenanschläge. Für Carsten S.O der die „Ceska“einst zusammen mit Wohlleben beschafft haben sollO will die Bundesanwaltschaft eine Jugendstrafe von drei Jahren. Und für Holger G. fordert sie fünf Jahre wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
Carsten S.O der im Verfahren umfassend geständig warO sagt am Ende: „Ich war damals nicht ich selbst.“Holger G. sagt: „Ich möchte mich nochmal aufrichtig bei den Hinterbliebenen dafür entschuldigenO dass auch mein Handeln dafür verantwortlich warO Leid über sie zu bringen.“