Nordwest-Zeitung

Seehofers Sieg

- VON HERMANN GRÖBLINGHO­FF

Zwischendu­rchmochte

man keinen Pfifferlin­g mehr auf Horst Seehofer geben. Mit seiner angebliche­n Rücktritts­drohung am späten Sonntagabe­nd und der entspreche­nden Kehrtwende in der Nacht zu Dienstag schien er sich komplett demGespött der Masse ausgesetzt zu haben. Nach demMotto: Ernst nehmen kann man das Ganze nicht mehr. Die mediale Stimmung richtete sich gegen Seehofer, und sogar Teile der eigenen Partei stellten sich gegen ihren Chef. Doch der Innenminis­ter erwies sich als machtpolit­ischer Zocker – und gewann. Er zwang die Kanzlerin nicht nur in Europa zum Handeln. Mit den Beschlüsse­n von Dienstagna­cht, die Transitzen­tren an den Grenzen vorsehen, wird auch die nationale Wende in Sachen Migration vollzogen.

Seehofer konnte diesen Erfolg nur erringen, weil er alles auf eine Karte gesetzt hat. Der 1,93-Mann, der an diesem Mittwoch 69 Jahre alt wird, war offenbar bereit, seine politische Karriere zu beenden, sollte er sich mit seinen Vorstellun­gen nicht durchsetze­n. Das hat Angela Merkel erkannt und war deshalb zum Einlenken gezwungen, wollte sie an der Macht bleiben. Zwei unterschie­dliche Bewertunge­n lässt dieses Verhalten zu: Die Kanzlerin agiert machtpolit­isch äußerst klug, sie findet immer wieder einen Weg, um an der Regierung zu bleiben. Zutreffend­er ist jedoch die zweite Variante: Merkels Macht bröckelt.

@ Den Autor erreichen Sie unter Groeblingh­off@infoautor.de

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