Was der Asyl-Kompromiss genau bedeutet
Das sind die Sieger und die 9erlierer des Streits – Jetzt geht es auch um :sterreich
BERLIN Für die CSU ist es der bisher noch fehlende Baustein hin zu einer „Asylwende“. Von einem wichtigen Tag für Deutschland, aber auch für die Union, spricht Generalsekretär Markus Blume. Für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist quasi die Quadratur des Kreises gelungen: eine Einigung im „Geist der Partnerschaft in der Europäischen Union“und ein entscheidender Schritt, „um Sekundärmigration zu ordnen und zu steuern“. Doch der UnionsKompromiss steht bisher noch auf tönernen Füßen.
Was besagt der Kompromiss
An der deutsch-österreichischen Grenze sollen Asylbewerber, für deren Asylverfahren andere EU-Länder zuständig sind, an der Einreise gehindert werden. Sie sollen in Transitzentren kommen, aus denen die Asylbewerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden. „Dafür wollen wir nicht unabgestimmt handeln, sondern mit den betroffenen Ländern Verwaltungsabkommen abschließen oder das Benehmen herstellen.“Wenn Länder sich einer Rücknahme verweigern, soll „die Zurückweisung an der deutsch-österreichischen Grenze auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Republik Österreich“stattfinden.
Um wie viele Fälle gehtes überhaupt
Im laufenden Jahr wurden laut Medienberichten bis Mitte Juni 18349 Asylsuchende in Deutschland aufgenommen, die bereits in der europäischen Fingerabdruckdatei Eurodac erfasst waren – also woanders schon registriert wurden. Es geht also gar nicht um besonders viele Fälle, aber der CSU ging es auch um ein Zeichen, dass der Staat nach den Turbulenzen 2015, die Merkel zur „Flüchtlingskanzlerin“machten, zeigt, dass er an den Grenzen stärker durchgreift.
Warum haben sowohl Seehofer als auch Merkel etwas „gewonnen“
CSU-Vorsitzender Horst Seehofer wollte eine Zurückwei- sung direkt an der Grenze, auch wenn die Länder, wo der Asylbewerber bereits mit Fingerabdrücken registriert ist, diesen nicht zurücknehmen. Merkel wollte keinen nationalen Alleingang und Lösungen mit den europäischen Partnern. Die Sorge ist, dass sonst alle nach und nach die Grenzen dichtmachen – das Prinzip der EU-Freizügigkeit wäre ausgehebelt. Nun wird das juristische Konstrukt der „Fiktion einer Nichteinreise“betont.
Was hates mitdiesem Konstrukt auf sich
In der entsprechenden Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz heißt es: „Der Ausländer hat eine Grenzübergangsstelle erst dann passiert, wenn er die Kontrollstationen der Grenzpolizei und des Zolls, soweit an den EU-Außengrenzen vorhanden, hinter sich gelassen hat und sich frei in Richtung Inland bewegen kann.“Kommt er in ein Transitzentrum, ist die Person im juristischen Sinne noch nicht eingereist, auch wenn sie körperlich die Kontrollstation passiert hat. Warum istauch vom Flughafenverfahren die Rede
Die Formulierung erinnert an das Prozedere an Flughäfen. Es greift für Asylbewerber, die aus einem als sicher eingestuften Land mit dem Flugzeug nach Deutschland kommen. Im Flughafenverfahren ist „das Asylverfahren vor der Entscheidung über die Einreise durchzuführen“, wie es im Asylgesetz heißt. Der Anspruch auf ein reguläres Asylverfahren entsteht erst mit dem Aufenthalt in einem Land. Auf diese Weise ermöglicht das Flughafenverfahren beschleunigte Entscheidungen und Rückweisungen. So ähnlich soll es wohl in den Transitzentren laufen. Das legt allerdings nahe, dass Migranten diese auch nicht verlassen können, sondern dort interniert werden sollen.
Kommen damitkeine unberechtigten Asylbewerber hierher
Nein. Erstens geht es nur um die deutsch-österreichische Grenze, und dort wird aktuell nur an insgesamt drei Stellen kontrolliert sowie bei der Schleierfahndung im Hinterland. Es ist schwer vorstellbar, dass Menschen, die schon Kilometer von der Grenze entfernt auf deutscher Seite aufgegriffen werden, in Transitzentren kommen können. Viele Migranten, die nach Deutschland kommen, sind zudem zuvor gar nicht in anderen EU-Ländern registriert worden. Zudem ist laut dem CDU-Vizevorsitzenden Armin Laschet keine Ausweitung der Kontrollen geplant. Auch an Grenzen Deutschlands zu anderen Nachbarländern solle sich nichts ändern.
Welche Rolle spielt Österreich
Es geht nur um Migranten, die an der bayerisch-österreichischen Grenze aufgegriffen werden. Österreich soll all jene Migranten aufnehmen, die aus Ländern kommen, die keine Verwaltungsabkommen über die direkte Zurückweisung aus Deutschland abschließen wollen. Was Wien davon hält, ist noch unklar. Das Abkommen soll demnächst noch ausgehandelt werden.