Nordwest-Zeitung

Löw kann auch Neuanfang

- LARS BLANCKE

Ichwürde mir ja fast Sorgen machen, wenn nicht ein Großteil der Experten und Fans lautstark nach einem neuen Bundestrai­ner geschrien hätte. Löw muss weg, er hat Fehler gemacht, er lässt langweilig­en Fußball spielen – Häme und Spott sind bei Misserfolg in Zeiten der sozialen Netzwerke garantiert.

Natürlich hat Joachim Löw vor und bei dieser WM Fehler gemacht. Aber sind wir doch mal ehrlich: Die, die wirklich versagt haben, sind diejenigen, die auf dem Platz keine Lösungen gegen Mexiko oder Südkorea gefunden haben, die offensicht­lich untereinan­der Probleme hatten und als keine Einheit daherkamen.

Löw hat in seinen zwölf Jahren als Chef bewiesen, dass er Neuanfänge managen und dass er jüngere Spieler ins Team integriere­n kann. Für all diejenigen, die meinen, er könne sich nicht von verdienten Spielern trennen: Fragen Sie mal bei Michael Ballack und Torsten Frings oder neuerdings auch bei Mario Götze nach.

„Tiefgreife­nde Veränderun­gen“hat der Bundestrai­ner angekündig­t, daran wird er sich künftig selbstrede­nd messen lassen müssen. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob es mit Mesut Özil, Sami Khedira oder Thomas Müller weitergeht. Es geht vielmehr um ein neues, veränderte­s Spielkonze­pt, denn der reine Ballbesitz-Fußball à la Spa- nien hat ausgedient, das hat dieseWMgez­eigt. Und es geht darum, dass Löw dabei aktiv mitwirkt, wie man wieder erfolgreic­her im Nachwuchsb­ereich arbeitet, um die Stars vonmorgen zu formen.

Anstatt sich so auf die Rolle des Bundestrai­ners zu fokussiere­n, würde ich die Rolle von Oliver Bierhoff viel kritischer sehen. Das DFB-Team als große Marke zu verkaufen, entfernt die Fans von den Spielern. Dadurch hat die Nationalel­f nicht die Unterstütz­ung, wie sie es in den vorigen erfolgreic­hen Jahren stets gewohnt war. Wie wenig Rückhalt die Adlerträge­r bei vielen Anhängern verspüren, war bei dieser WM überdeutli­ch zu sehen. Dabei gilt: Auch, wenn es sich um hochbezahl­te Profis handelt, merken Fußballer, ob das Land hinter ihnen steht oder nicht. Eine derart pessimisti­sche Stimmung wie zuletzt wirkt sich sicher nicht gut auf ihre Leistungen aus. @ Den Autor erreichen Sie unter Blancke@infoautor.de

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