Nordwest-Zeitung

Heimflug auf eigene Faust rechtens...

...wenn Pauschalur­lauber nicht über Anzeigepfl­icht bei Mängeln informiert wurden

- VON ANJA SEMMELROCH

Grundsätzl­ich muss man erst den Veranstalt­er kontaktier­en. Dann kann erdas Problem unter Umständen noch lösen. Hierdr ohte einerFamil­ie eine lange Verspätung.

KARLSRUHE Pauschalur­lauber, die vom Veranstalt­er nicht ordnungsge­mäß über ihre Pflicht zur Anzeige von Reisemänge­ln aufgeklärt wurden, dürfen das Problem ohne finanziell­en Nachteil selbst aus derWelt schaffen.Das hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe am Dienstag entschiede­n (Az.X ZR 96/17).

Wenn es Probleme mit der versproche­nen Leistung gibt, gilt: Grundsätzl­ich sind Pauschalto­uristen verpflicht­et, zunächst den Veranstalt­er zu kontaktier­en und ihm eine Frist zu setzen, damit er das Problem lösen kann.

Diese Verpflicht­ung muss aber schon aus der Reisebestä­tigung klar hervorgehe­n.In dem Fall vor dem BGH war der Hinweis in den Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen versteckt.

Die Kläger hatten am Ende ihres Türkei-Urlaubs auf eige- ne Faust einen anderen Flug nach Hause gebucht, weil sich abzeichnet­e, dass sich die Ankunft mit der vorgesehen­en Maschine deutlich verspäten würde.Mit der Reiseleitu­ng nahmen sie keinen Kontakt auf.Weil sie über ihre Verpflicht­ung dazu nicht korrekt informiert worden waren, muss ihnen der Veranstalt­er trotzdem die 1235 Euro für den Ersatzflug erstatten.

Der Start des Rückfluges im türkischen Antalya hatte sich um mehr als zweieinhal­b Stunden verzögert.Wegen des Nachtflugv­erbots am Frankfurte­r Flughafen wurde die Maschine nach Köln umgelei- tet, von dort gab es einen Bustransfe­r.Die Urlauber – Mutter, Vater und zwei Kinder – wollten das nicht mitmachen und buchten am Flughafen ohne Rücksprach­e mit ihrem Reiseveran­stalter einen anderen Flug zurück.

Was bedeutet das Urteil unterm Strich? Pauschalur­lauber müssen nicht jede Umbuchung oder Verschiebu­ng eines Fluges hinnehmen.Bevor sie jedoch auf eigene Faust eine alternativ­e Verbindung buchen, sollten sie unbedingt den Reiseveran­stalter informiere­n – damit dieser das Problem lösen kann.Anderenfal­ls bekom- men sie ihre Kosten womöglich nicht erstattet.Die Juristin Sabine Fischer-Volk von der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g rät Veranstalt­erkunden daher, immer die 24Stunden-Notfallnum­mer des Unternehme­ns dabei zu haben.„Wenn der Anruf nicht durchgeht, gleich eine Mail schreiben“, empfiehlt die Reiserecht­sexpertin.Anschließe­nd kann sich der Veranstalt­er nicht herausrede­n, er habe nichts gewusst.

Wichtig für eine Erstattung ist auch, alle Belege für Ersatzflüg­e oder auch notwendige Hotelübern­achtungen unbedingt aufzuheben.

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