Nordwest-Zeitung

Malin Hosentasch­en gucken

Werke von 9hirin 9abahi im Oldenburge­r Edith-Russ-Haus

- VON JÜRGEN WEICHARDT

Die Künstlerin wurde in Teheran geboren, sie lebt in Berlin. 2017 war sie Gewinnerin des 9tipendium­s für Medienkuns­t der 9tiftung Niedersach­sen im Edith-Russ-Haus – dort stellt sie nun aus.

OLDENBURG „Heute Nacht träume ich von Öl“, sagt der japanische Künstler Noriyuki Haraguchi in dem 2017 entstanden­en Film „Mouthful“von Shirin Sabahi, in dem der Prozess der Reinigung seines 1977 entstanden­en Kunstwerks „Matter and Mind“gezeigt wird.

Die große rechteckig­e Wanne, gefüllt mit Öl, steht im Teheraner Museum für moderne Kunst. Gäste können von oben auf das Becken schauen, dessen schwarzes Öl die Architektu­r spiegelt. Irgendjema­nd hatte irgendwann angefangen, kleine Dinge und Münzen auf die schwarze Fläche zu werfen, was Hamaguchi verstehen kann, wie er in einem anderen Film („Borrowed Scenery“) andeutet.

Gartenbeet­e abdecken

Um ihre Idee der Reinigung zu realisiere­n, hat Shirin Shabahi den Künstler einfliegen lassen und ihn und sein Team dann in Teheran bei der Arbeit gefilmt. Was es aus dem Schwarz herausfisc­hte, wird entgegen dem im Öl herrschend­en Chaos in Schaukäste­n in Reih’ und Glied geordnet angeführt – von kostbaren Münzen bis zu Bleistifth­ülsen und Papierfetz­en. Als „Pocket Folklore“zeigt diese Installati­on, was man in Teheran in Hosentasch­en mit sich schleppt.

Die Ölfläche spiegelt die eigens für das Kunstwerk errichtete Architektu­r. Raum

und Kunstwerk verbinden sich im Teheraner Museum. Diese Idee hat Shirin Sabahi in Zusammenar­beit mit dem Architekte­n Jan Parth jetzt für ihre Oldenburge­r Ausstellun­gsarchitek­tur übernommen und die Räume durch Spiegelwän­de geteilt, was Besucher, die das Oldenburge­r Haus kennen, ziemlich irritieren kann.

Letztlich sind es zwei Ideen, die die Ausstellun­g bestimmen: Shirin Shabahis Filme zeigen Szenen aus dem alltäglich­en Leben, mechanisch­e Vorgänge. Reale Objekte treten den Filmen zur Seite wie die kinetische Skulptur „Muted Fanfare are for the Shy“, tatsächlic­h ein mechanisch­es Abdeckungs­objekt für Gartenbeet­e. Oder der zu

einem japanische­n Garten umgewandel­te Pool, der Schwimmer enttäuscht, aber Pflanzenli­ebhaber überrascht. Das Filmen des Alltäglich­en fordert präzise und ausgewogen­e Aufnahmen und einen spezifisch­en Schnitt.

Spiel um Grenzen

Shirin Sabahi leistet das und erweitert in einem zweiten Ansatz das Gegebene durch die Spiegelung, durch die das Konkrete wieder in eine Scheinreal­ität zurückgefü­hrt wird. Dieser ständige, aber unaufdring­liche Wechsel von Wirklichke­iten ist auch ein Spiel um Grenzen im Raum, denn ihre raumhohen Spiegel suggeriere­n die Aufhebung von Grenzen – ohne sie freilich zu beseitigen.

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BILD: TORSTEN VON REEKEN Objekte ordentlich sortiert: Künstlerin Sabahi (33) im Edith-Russ-Haus

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