„Mindestlohn ist eine Erfolgsgeschichte“
Der Ökonom Peter Bofinger über notwendige Reformen bei den Löhnen
FRAGE: Der Mindestlohn wirkt, heißt es in einer Studie der gewerkschaftsnahen HansBöckler-Stiftung Teilen Sie diese Einschätzung? BOFINGER: Der Mindestlohn ist eine Erfolgsgeschichte. Es gab vor seiner Einführung furchtbare Horrorszenarien und die Warnung vor dem Verlust von Arbeitsplätzen. Tatsächlich ist die Beschäftigung um zwei Millionen gestiegen. Die ist interessanterweise auch in dem Bereich gestiegen, der vom Mindestlohn besonders betroffen ist, etwa im Gastgewerbe. FRAGE: Der Mindestlohn soll bis 2020 in zwei Stufen auf 9,35 Euro steigen Eine angemessene Erhöhung? BOFINGER: Diejetztbeschlossene Erhöhung ist unzureichend. Sie gewährt nur einen Inflationsausgleich. Die Arbeitnehmer werden überhaupt nicht am aktuellen Wohlstandszuwachs beteiligt. Rückblickend waren die von der Kommission festgesetzten 8,50 Euro in jedem Fall zu niedrig angesetzt. Deswegen hätte die Erhöhung jetzt viel deutlicher ausfallen müssen. FRAGE: Die Arbeitgeber warnen davor, die Lohnschraube allzu zu hoch drehen… BOFINGER: Das sind die alten Schreckgespenster, die jetzt wieder aus der Kammer geholt werden. Es gibt keinen ökonomischen Grund dafür, den Arbeitnehmern nicht auch einen Anstieg ihrer realen Kaufkraft zu gewähren. FRAGE: Wie kann man erreichen, dass Geringverdiener mehr Geld bekommen? BOFINGER: In den unteren Lohnbereichen, ab 8,50 Euro, schlagen ab dem ersten zusätzlichen Euro sofort die vollen Sozialabgaben zu Buche. Hier sollte der Arbeitnehmeranteil gesenkt werden. Man sollte gezielt in den unteren Lohnbereichen den Arbeitnehmeranteil von den Sozialabgaben entlasten und das mit Steuermitteln ausgleichen.