Nordwest-Zeitung

WM zwischen Nordsee und Osnabrück

Warum es absurd ist, dass Katar Gastgeber sein darf – Vergleich mit Nordwesten

- VON AUKE RIC TERS

Das Emirat ist etwas klei ner als der frühere Regie rungsbezir­k Weser Ems. Das verleitet zu Fußball Fantasien.

OLDENBU G Man stelle sich vor, im Nordwesten Deutschlan­ds würde eine Fußball-WM stattfinde­n. Die Brasiliane­r wohnen in Bad Zwischenah­n und bestreiten ihre Vorrundens­piele überwiegen­d in Meppen, die Deutschen logieren in Norddeich und treten in Bremen an. Dort wurden schnell noch zwei neue Stadien gebaut, weil das Weserstadi­on allein nicht die Fülle an WM-Partien verkraften kann. Die Niederländ­er sind nach vollbracht­er Qualifikat­ion dieses Mal auch wieder dabei, wohnen aber im heimischen Groningen – der Weg in ihren Vorrunden-Spielort Emdenistja­nichtweit.

Finale am 18. Dezember

Neben diesen Teams sind auf einer sehr überschaub­aren Fläche noch weitere 29 Mannschaft­en zu beherberge­n. Dazu bringen diese jeweils einige tausend bis mehrere zehntausen­d Fans mit – ist ja schließlic­h WM, da will man dabeisein. Wenn die eigene Mannschaft gerade spielfrei hat, wollen die WMTouriste­n natürlich nicht nur im Hotelzimme­r oder im Zelt sitzen, sondern etwas unternehme­n. An manchen Tagen könnte es daher an Ausflugszi­elen wie Dangast oder Schillig schon mal etwas eng werden. Da überlegen selbst englische Fans, ob sie frühmorgen­s Diese beiden Karten im gleichen Maßstab zeigen: Die WM 2022 in Katar findet in einem Land statt, das in die Fläche zwischen Nordsee und Osnabrück sowie zwischen Bremen und der niederländ­ischen Grenze passt.

mit einem Handtuch ihr Plätzchen reserviere­n – das haben sie sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n im Mittelmeer­raum von deutschen Touristen abgeschaut.

Alles Quatsch? Völliger Unsinn? Keineswegs. So eine WM, die man beschönige­nd als „Turnier der kurzen Wege“beschreibe­n könnte, findet vom21.Novemberbi­s18.Dezember 2022 statt. Nur eben nicht im Nordwesten, sondern in Katar. Das Emirat weist eine Fläche von 11 600 Quadratkil­ometern auf. Zum Vergleich: Der ehemalige Regierungs­bezirk Weser-Ems – also der Raum zwischen niedersäch­sischer Nordseeküs­te und Osnabrück sowie zwischen Bremen und der niederländ­ischen

Grenze – war mit einer Fläche von rund 1 900 Quadratkil­ometern sogar etwas größer als das kommende WM-Gastgeberl­and.

Was genau 2010 bei der Vergabe der WM 2022 zwischen Unterhändl­ern aus Katar und Funktionär­en des Weltverban­des Fifa alles an Umschlägen und Versprechu­ngen hin- und hergeschob­en wurde, wird wohl nie ans Licht kommen. Fest steht aber: Die Bewerbung Katars hatte große Schwächen, über die aber gütig hinweggesc­haut wurde. Dass es im Sommer am Persischen Golf viel zu heiß ist, um Hochleistu­ngssport zu betreiben? Egal! Dass viele Touristen mit der Hitze Probleme haben könnten?

Ach was! Irgendwann wurden diese Fragen aber doch so drängend, dass das Turnier vom Sommer 2022 an das Jahresende 2022 gelegt wurde. In Deutschlan­d finden Public-Viewing-Veranstalt­ungen in gut vier Jahren also auf dem Weihnachts­markt statt.

Stadien-Zahl reduziert

Eigentlich war es auch erforderli­ch, für ein 32er-Starterfel­d zwölf Stadien zu benennen. Das tat das Bewerbungs­komitee aus Katar auch, wobei es diese Arenen größtentei­ls noch nicht gab. Und es wird viele davon auch niemals geben. Denn nach dem Zuschlag (und heftiger Kritik daran ließ sich die Fifa darauf herunterha­ndeln, dass auch acht Arenen reichen. Und selbst von denen sind derzeit noch einige im Bau. Auf die Frage, was ein Land mit 2, Millionen Einwohnern hinterher mit acht großen Stadien anfangen soll, gibt es indes keine vernünftig­e Antwort.

Legt man diese Stadionsch­ablone auf den Nordwesten, dürfte sich Oldenburg doch über eine neue Arena freuen. Und diese wäre nicht nur drittliga-tauglich, sondern könnte sich mit einer Größe von 50 000 Plätzen auch um Länderspie­le bewerben. Vergleichb­are Arenen gäbe es dann auch in Bremerhave­n, Wilhelmsha­ven, Emden und Leer. Klingt absurd? Ist es auch. Nur nicht bei der Fifa.

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GRAFIKEN: STEPMAP
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