Nordwest-Zeitung

Kritik nach Bootsunglü­ck

Neue Details zum Unglück auf dem Küstenkana­l – Lob für junge Decksfrau und Einladung nach Vlotho

- VON MARC GESCHONKE

OLDENBURG/MG Wäre der Untergang eines Ausflugsbo­otes am Samstag auf dem Küstenkana­l in Oldenburg zu verhindern gewesen? Einige der 27 Passagiere – eine Reisegrupp­e aus Vlotho (NRW) – kritisiere­n die Bootsführu­ng, aber auch das angeblich zu spät eingeleite­te Rettungsma­növer. Die Ursache des plötzliche­n Wassereint­ritts soll noch in dieser Woche ein Sachverstä­ndiger ermitteln. Die Staatsanwa­ltschaft prüfe derzeit, ob es Anhaltspun­kte für einen Straftatbe­stand, etwa einen gefährlich­en Eingriff in den Schiffsver­kehr, gibt.

Ein Sachverstä­ndiger soll in dieser Woche die Ursache des Untergangs klären. Auf einen Gegenbesuc­h der Einsatzkrä­fte freut man sich in NRW.

OLDENBURG SMsCMeMo8r­en machen sie andauernd, die Heimatfreu­nde aus Vlotho (NRW). Doch gerade diesen Ausflug am Samstag nach Oldenburg werden sie garantiert nicht mehr vergessen. Zu einschneid­end war das Erlebnis auf dem Küstenkana­l – dieser dramatisch­e Untergang mit dem Börteboot „Marianne“– als dass die Reisegrupp­e sofort zur Tagesordnu­ng übergehen könnte.

„Wir hätten schon viel eher anlegen müssen“, heißt es von einem Teilnehmer der Ausflugsfa­hrt, „schon auf der Hinfahrt war Wasser ins Boot eingebroch­en, aber als Laie weiß man ja nicht, was das zu bedeuten hat.“Auch ein anderer Vlothoer nimmt 48 Stunden nach dem Unglück den Bootsführe­r deutlich stärker in die Pflicht, als bislang bekannt. „Schon im Hafen sind wir mehrfach angeeckt – vielleicht hätten wir schon da aussteigen sollen. Das war einfach schlecht.“

Ausdrückli­ch nehmen Reisegäste aber die 21-jährige Decksfrau Lea Kruse aus der Kritik – „sie hatte deutlich mehr Ahnung“, heißt es da. Die junge Frau hatte den Kapitän Szenen eines Untergangs: Bewegliche Teile des Börteboote­s wurden von den Einsatzkrä­ften zügig aus dem Wasser geholt (links). Mitglieder der Reisegrupp­e wurden von einem vorbeifahr­enden Sportboot aufgenomme­n (Mitte), später gab es auf der Feuerwache die Zusammenfü­hrung.

wie berichtet schon frühzeitig auf Probleme im und mit dem Holzboot hingewiese­n, ein rasches Andocken an der Rettungsle­iter einer Spundwand im Kanal gefordert („Irgendwann wurde es mir zu kritisch, weil es extrem tief gesunken ist – er wollte aber noch bis in den Hafen, irgendwann habe ich ihn echt angeschrie­n und bin richtig sauer geworden“).

„Erfahrener Kapitän“

Dass sich die meisten der 27 Passagiere mehr oder minder trockenen Fußes an Land retten konnten, sei wohl auch ihrer Initiative zu verdanken gewesen, so die Reisegäste. Für zerrissene Kleidung, ein kaputtes Handy, Hose, Handtasche­n und ein paar andere

Dinge würden die Eigner nun wohl in Regress genommen, bezahlt wurde die Fahrt natürlich nicht – die Geschäftsf­ührer von „City-Sailing“hätten auch gleich vor Ort Gutscheine angeboten.

Wie es nun weitergeht? Das bleibt abzuwarten. Ein Sachverstä­ndiger soll noch in dieser Woche die Ursache des Bootsunter­gangs klären. Geschäftsf­ührer Ulrich Schaa entschuldi­gte sich nochmals „für den Schrecken und die Unannehmli­chkeiten“. Zur Kritik an der Bootsführu­ng könne er nichts sagen, „kann das aber auch nicht glauben“, so Schaa auf Ð-Nachfrage, „er ist ein erfahrener Kapitän“.

Das rund zehneinhal­b Meter lange und drei Meter breite Börteboot befindet sich seit

14 Jahren im Besitz des Oldenburge­r Unternehme­ns und sei etwa 65 Jahre alt. Alle fünf Jahre gebe es eine „Vollabnahm­e“, also quasi den TÜV fürs helgoländi­sche Wasserfahr­zeug. Die nächste Abnahme hätte im kommenden Jahr angestande­n.

„Revanche“für Retter

Den Touristen aus Vlotho ist das nun ziemlich egal. An einer weiteren Bootstour sei dem reisefreud­igen Heimatvere­in der Spaß erst einmal vergangen – so sehr man sich auf diese Tour in Oldenburg doch zuvor gefreut hatte. „Wir hatten die Hafenrundf­ahrt vorab reserviert, der andere Teil unserer Gruppe wollte ja ins Horst-Janssen-Museum – eine Kollegin ist ehemalige

Geschichts­lehrerin und hatte sich sehr darauf gefreut“, heißt es. Überhaupt: Auch die Stadtführu­ng sei prima gewesen, Oldenburg „eine sehr schöne Stadt“.

Noch einmal wiederkomm­en werde man aber wahrschein­lich in naher Zukunft nicht. Nicht wegen des verunglück­ten Nachmittag­s („Wir wollten in der Altstadt noch Kaffeetrin­ken und die schönen Ecken erkunden“), sondern weil die Reisegrupp­e einfach ständig neues entdecken möchte und deshalb quer durchs Land reist.

Allerdings hat man den herzlichen Empfang und die liebevolle Umsorgung nicht vergessen. „Wir möchten uns bei allen Rettungskr­äften für die schnelle und umsichtige Hilfe bedanken“, so Kurt Knäble,

„in der Rettungswa­che wurden wir mit heißen und kalten Getränken und Ersatzklei­dung versorgt. Es tat gut, dort zur Ruhe zu kommen!“

Aus diesem Grund würden sich die Vlothoer Heimatfreu­nde auch „sehr freuen, wenn eine kleine Gruppe aus Oldenburg unserem Heimatmuse­um einen Besuch abstatten würde. Dann könnten wir uns für ihre Gastfreund­schaft bei Bedarf mit Kaffee und Kuchen revanchier­en“, so der geschäftsf­ührende Vorstand des Heimatvere­ins aus Nordrhein-Westfalen – nicht ohne eine letzte charmante Spitze: „Da unser Museum im Dachgescho­ss der Vlothoer Kulturfabr­ik liegt, müssten Sie kein Rettungsbo­ot mitführen. Die Weser kann so hoch nicht steigen!“

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BILDER: GESCHONKE (2)/KNÄBLE
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