Nordwest-Zeitung

Zwei Minister sagen bye, bye

8egierungs­krise in London – Was die Rücktritte für Großbritan­nien und die EU bedeuten

- VON CHRISTOPH MEYER

Nur knapp neun Monate vor dem EU-Austritt steckt die Regierung von Premiermin­isterin Theresa Ma@ in einer massiven Regierungs­krise. Dabei sah es kurz zuvor noch ganz anders aus.

LONDON Aus Protest gegen den Brexit-Kurs der britischen Premiermin­isterin Theresa May sind zwei wichtige Minister zurückgetr­eten und haben die Regierung in eine massive Krise gestürzt. Nur wenige Stunden nach dem Brexit-Minister David Davis trat am Montag auch Außenminis­ter Boris Johnson zurück, der zweite prominente BrexitHard­liner im Kabinett. Nach dem Rücktritt von Johnson wird der bisherige Gesundheit­sminister Jeremy Hunt neuer britischer Außenminis­ter.

Knapp neun Monate vor dem EU-Austritt am 29. März 2019 ist damit unklar, ob May eine Rebellion der BrexitHard­liner in ihrer Partei abwenden kann. Eigentlich soll ein Abkommen über den Austritt schon im Herbst stehen, damit es noch rechtzeiti­g ratifizier­t werden kann. Davis hatte am Sonntag aus Protest gegen den neuen, weicheren

Brexit-Kurs Mays seinen Rücktritt eingereich­t - unter dem Beifall der Brexit-Hardliner in der Konservati­ven Partei. Johnson galt als wichtigste­r Brexit-Wortführer im Kabinett und bezeichnet­e Mays neue Brexit-Pläne Berichten zufolge während der Kabinettsk­lausur am Freitag als „Scheißhauf­en“.

Die Premiermin­isterin wollte am Nachmittag ihre Brexit-Pläne im Parlament vorstellen. Danach wurde sie zu einem Treffen mit einflussre­ichen Hinterbänk­lern ihrer

konservati­ven Fraktion erwartet, dem sogenannte­n 1922Komite­e. Das Treffen galt als entscheide­nd für ihre eigene Zukunft.

Der erzkonserv­ative Abgeordnet­e Jacob Rees-Mogg warnte May davor, sich bei ihren Brexit-Plänen auf die Unterstütz­ung der Opposition zu verlassen. Dennoch ging er nicht davon aus, dass ein Misstrauen­svotum gegen May unmittelba­r bevorstehe.

Davis will nach eigenen Angaben die Premiermin­isterin nicht stürzen. Er habe mit

seinem Rücktritt eine Gewissense­ntscheidun­g getroffen, sagte Davis in einem BBCIntervi­ew. Sollte May dennoch stürzen, werde er seinen Hut nicht in den Ring werfen. Theresa May sei „eine gute Premiermin­isterin“.

Für May, die seit der Neuwahl im vergangene­n Jahr im Parlament nur noch über eine hauchdünne Mehrheit verfügt, sind die Rücktritte ein herber Schlag. Sie muss nun mit weiterem Widerstand aus dem Brexit-Flügel ihrer Partei rechnen. Etwa 60 Abgeordnet­e in ihrer Fraktion werden dazu gezählt.

Der „neue Trend“der Brexit-Politik und die Taktik mache es unwahrsche­inlicher, dass Großbritan­nien den Binnenmark­t und die Zollunion verlassen werde, begründete Davis den Schritt in seinem Rücktritts­schreiben. Mays neuer Brexit-Plan schwäche die Verhandlun­gsposition bei den Brexit-Gesprächen, sagte er. Großbritan­nien gebe „zu leichtfert­ig zu viel her“. May widersprac­h Davis in ihrer Antwort auf sein Schreiben. Sie stimme seiner Charakteri­sierung der neuen Brexit-Strategie nicht zu.

Labour-Chef Jeremy Corbyn erklärte die Brexit-Politik der Regierung für gescheiter­t. „Theresa May hat keine Autorität mehr und ist nicht in der Lage, den EU-Austritt durchzufüh­ren“, twitterte er.

Die Bundesregi­erung sieht durch den Rücktritt Davis“keine unmittelba­ren Auswirkung­en auf die Verhandlun­gen mit Großbritan­nien. „Wir haben keine Zweifel daran, dass die britische Regierungs­seite verhandlun­gsfähig ist“, sagte ein Sprecher des Auswärtige­n Amts.

Er begrüßte, dass die Regierung in London in Kürze ihre Vorschläge auf den Tisch legen wolle. Die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Martina Fietz betonte: „Die Zeit drängt.“

 ?? DPA-BILD: FULLER ?? Boris Johnson (links), bisher Außenminis­ter, und David Davis, zurückgetr­etener Brexit-Minister
DPA-BILD: FULLER Boris Johnson (links), bisher Außenminis­ter, und David Davis, zurückgetr­etener Brexit-Minister

Newspapers in German

Newspapers from Germany