Zwei Minister sagen bye, bye
8egierungskrise in London – Was die Rücktritte für Großbritannien und die EU bedeuten
Nur knapp neun Monate vor dem EU-Austritt steckt die Regierung von Premierministerin Theresa Ma@ in einer massiven Regierungskrise. Dabei sah es kurz zuvor noch ganz anders aus.
LONDON Aus Protest gegen den Brexit-Kurs der britischen Premierministerin Theresa May sind zwei wichtige Minister zurückgetreten und haben die Regierung in eine massive Krise gestürzt. Nur wenige Stunden nach dem Brexit-Minister David Davis trat am Montag auch Außenminister Boris Johnson zurück, der zweite prominente BrexitHardliner im Kabinett. Nach dem Rücktritt von Johnson wird der bisherige Gesundheitsminister Jeremy Hunt neuer britischer Außenminister.
Knapp neun Monate vor dem EU-Austritt am 29. März 2019 ist damit unklar, ob May eine Rebellion der BrexitHardliner in ihrer Partei abwenden kann. Eigentlich soll ein Abkommen über den Austritt schon im Herbst stehen, damit es noch rechtzeitig ratifiziert werden kann. Davis hatte am Sonntag aus Protest gegen den neuen, weicheren
Brexit-Kurs Mays seinen Rücktritt eingereicht - unter dem Beifall der Brexit-Hardliner in der Konservativen Partei. Johnson galt als wichtigster Brexit-Wortführer im Kabinett und bezeichnete Mays neue Brexit-Pläne Berichten zufolge während der Kabinettsklausur am Freitag als „Scheißhaufen“.
Die Premierministerin wollte am Nachmittag ihre Brexit-Pläne im Parlament vorstellen. Danach wurde sie zu einem Treffen mit einflussreichen Hinterbänklern ihrer
konservativen Fraktion erwartet, dem sogenannten 1922Komitee. Das Treffen galt als entscheidend für ihre eigene Zukunft.
Der erzkonservative Abgeordnete Jacob Rees-Mogg warnte May davor, sich bei ihren Brexit-Plänen auf die Unterstützung der Opposition zu verlassen. Dennoch ging er nicht davon aus, dass ein Misstrauensvotum gegen May unmittelbar bevorstehe.
Davis will nach eigenen Angaben die Premierministerin nicht stürzen. Er habe mit
seinem Rücktritt eine Gewissensentscheidung getroffen, sagte Davis in einem BBCInterview. Sollte May dennoch stürzen, werde er seinen Hut nicht in den Ring werfen. Theresa May sei „eine gute Premierministerin“.
Für May, die seit der Neuwahl im vergangenen Jahr im Parlament nur noch über eine hauchdünne Mehrheit verfügt, sind die Rücktritte ein herber Schlag. Sie muss nun mit weiterem Widerstand aus dem Brexit-Flügel ihrer Partei rechnen. Etwa 60 Abgeordnete in ihrer Fraktion werden dazu gezählt.
Der „neue Trend“der Brexit-Politik und die Taktik mache es unwahrscheinlicher, dass Großbritannien den Binnenmarkt und die Zollunion verlassen werde, begründete Davis den Schritt in seinem Rücktrittsschreiben. Mays neuer Brexit-Plan schwäche die Verhandlungsposition bei den Brexit-Gesprächen, sagte er. Großbritannien gebe „zu leichtfertig zu viel her“. May widersprach Davis in ihrer Antwort auf sein Schreiben. Sie stimme seiner Charakterisierung der neuen Brexit-Strategie nicht zu.
Labour-Chef Jeremy Corbyn erklärte die Brexit-Politik der Regierung für gescheitert. „Theresa May hat keine Autorität mehr und ist nicht in der Lage, den EU-Austritt durchzuführen“, twitterte er.
Die Bundesregierung sieht durch den Rücktritt Davis“keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Verhandlungen mit Großbritannien. „Wir haben keine Zweifel daran, dass die britische Regierungsseite verhandlungsfähig ist“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts.
Er begrüßte, dass die Regierung in London in Kürze ihre Vorschläge auf den Tisch legen wolle. Die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz betonte: „Die Zeit drängt.“