Franzosen zittern vor Franzose
Thierry Henry will 8elgien gegen sein Heimatland ins Endspiel bringen
Henry wurde mit den Franzosen Welt- und Europameister. Heute Abend sitzt der Rekordtorschütze bei 8elgien als Co-Trainer auf der 8ank.
ST. PETERSBURG Es ist ein bisschen so, als stünde Deutschland gegen die Niederlande im Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft und Miroslav Klose säße als Co-Trainer auf der OranjeBank. Unrealistisch? In dem Fall sicher ja, beim Vorschlussrundenkracher Frankreich gegen Belgien n diesem Diensta (20 Uhr/ARD) in St. Petersburg aber Realität. Thierry Henry ist Rekordtorschütze und ehemaliger Kapitän der Équipe Tricolore, Welt- und Europameister sowie Fußball-Idol der Grande Nation – und will die „Roten Teufel“gegen sein Heimatland ins Finale bringen.
Man kennt sich
Jean-Marie Pfaff, belgische Torhüter-Legende, behauptet: „Frankreichs größter Gegner sitzt auf der belgischen Bank.“Henry sei für Belgiens Trainer Roberto Martinez „enorm wichtig“, ein „Vertrauter“. Der Spanier höre dem Franzosen zu, „bestimmt
geht auch die eine oder andere taktische Umstellung auf eine Idee Henrys zurück“.
Mit Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps ist Henry Weltmeister (1998) und Europameister (2000) geworden. 21 Länderspiele bestritten er und Deschamps gemeinsam, keins ging verloren. Man kennt sich. „Wir haben uns so sehr geliebt“, titelte die Sportzeitung „L’Équipe“am Montag, der Unterton: Diese Zeiten sind vorbei. „Ich möchte ihm zeigen, dass er auf das falsche Pferd gesetzt hat“, betont denn auch Frankreichs Angreifer Olivier Giroud. Sein Mitspieler Lucas Hernandez dagegen glaubt: „Wenn wir gewinnen, wird er auch glücklich sein. Denn am Ende ist er immer noch Franzose.“Nicht alle in Frankreich sehen das so. In Frankreich wird Henry
durchaus kritisch gesehen. Dort halten sie ihm etwa noch immer dieses Handspiel im Playoff-Rückspiel gegen Irland im November 2009 vor. Es brachte Frankreich zur WM 2010, aber eben auf eine unanständige Weise.
Er weiß, wovon er spricht
Zum Vorwurf gemacht wird Henry auch seine angeblich mangelnde Nähe zu seinem Heimatland. Er wurde in Les Ulis im Umland von Paris geboren, doch er lebt in London, jettet durch die Welt und kommt selten bis gar nicht nach Frankreich. Die Belgier sind begeistert von Henry. Er soll den belgischen Angreifern helfen, im Strafraum die richtigen Entscheidungen zu treffen. Er ist außerdem für Stannen
dardsituatio-
verantwortlich. „Er spricht sehr viel mit uns, besonders mit den Stürmern“, sagt Offensivspieler Nacer Chadli.
Und Henry weiß, wovon er spricht. Der mittlerweile 40Jährige spielte 123-mal für Frankreich. Henry erzielte 51 Tore, sechs davon bei Weltmeisterschaften, er lieferte 27-mal die entscheidende Vorarbeit.
„Das Schwierigste ist im Grunde genommen die Frage, ob er Frankreich verlassen hat oder Frankreich ihn“, schrieb „L’Équipe“am Montag, die dem Thema gleich mehrere Seiten widmete. „Man hat mir nichts angeboten, niemals“, zitierte das Blatt eine Aussage Henrys vor einigen Monaten. Nach der EM 2016 trat er den Job bei den Belgiern an. „Ich fühle mich geehrt, Assistenztrainer zu werden“, twitterte Henry damals.
Aktuell schweigt Henry, er steht exklusiv bei einem englisch TV-Sender unter Vertrag. Im Tagesgeschäft bleibt er im Hintergrund. In einem seiner höchst seltenen Interviews betonte er beim belgischen TV-Sender RTBF seinen Status als der zweite Vertreter von Martinez. Dafür, dass er weltmeisterliches Wissen vermittelt, ist er übrigens ein Schnäppchen für die Belgier: Henry erhält 8000 Euro pro Monat. Er spendet das Geld für wohltätige Zwecke.