Nordwest-Zeitung

Erste Erfahrunge­n mit neuem Bauvertrag­srecht

Veraltete und falsche Vertragsmu­ster ignorieren Verbrauche­rrechte

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Seit 1. Januar 2018 gilt das neue Bauvertrag­srecht für alle Bauverträg­e, die seit diesem Zeitpunkt geschlosse­n werden. Es bringt privaten Bauherren mehr Schutz vorausgese­tzt, die Firmen halten sich daran. Das ist nicht immer der Fall, kritisiert der Verband Privater Bauherren (VPB). Die Bausachver­ständigen des VPB, die regelmäßig Schlüsself­ertigbauve­rträge für private Bauherren prüfen, stoßen immer wieder auf Ungereimth­eiten.

Teils aus Unkenntnis, teils offenbar sehr bewusst, hebeln Baufirmen das neue Recht aus. Unterschre­iben Bauherren solche Verträge, haben sie zwar dennoch die neuen Verbrauche­rrechte auf ihrer Seite. Aber Streit ist programmie­rt: Bauherren müssen ihre Schutzrech­te dann oft mühsam gegen unwillige Vertragspa­rtner durchsetze­n, mitunter sogar vor Gericht.

„Das sollten Bauherren sich ersparen“, rät Holger Freitag, Vertrauens­anwalt des VPB. „Besser ist es, die problemati­schen Verträge erst gar nicht zu unterzeich­nen.“Dakeine

Holger Freitag

Vertrauens­anwalt des VPB

zu müssen Bauherren aber wissen, worauf sie achten sollten. Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt den Vertrag in jedem Fall vor der Unterzeich­nung vom unabhängig­en Sachverstä­ndigen checken.

Wo hakt es, ein halbes Jahr nach Inkrafttre­ten des neuen Bauvertrag­srechts? Rechtsanwa­lt Freitag beobachtet unter anderem die Verwendung überholter Vertragsmu­ster. „Manche Firmen beziehen sich im Vertragste­xt zwar ausdrückli­ch auf das neue Bauvertrag­srecht, hängen dann aber eine Baubeschre­ibung aus dem Jahr 2016 oder 2017 an. Die mag zwar technisch ausreichen­d sein, aber sie ist alt und umfasst zum Beispiel Angaben zur Bauzeit. Die brauchen Bauherren aber, damit sie die Finanzieru­ng und den Umzug planen können.“

Subtiler wird es, sobald Paragraphe­n genannt werden. Das erweckt den Anschein, alles sei korrekt. Manche Formulieru­ngen führen Bauherren allerdings aufs Glatteis. „Wird beispielsw­eise im Vertragsen­twurf bei der Kündigung des Bauherren auf § 649 BGB hingewiese­n, dann haben die Bauherren einen veralteten Vertragsen­twurf in der Hand“, moniert Holger Freitag. „Dieser Paragraph bezieht sich auf die alte Version des freien Kündigungs­rechts. Inzwischen ist das an anderer Stelle im Gesetz geregelt, es müsste § 648 BGB genannt sein.“

„Auch wenn die Baufirma im Vertragsen­twurf den Bauherren eine Verbrauche­rsicherhei­t nach § 632a Abs. 3 BGB verspricht, handelt es sich noch um einen alten Bauvertrag“, warnt der VPBAnwalt. Die Verbrauche­rsicherhei­ten beschreibt seit Anfang 2018 der § 650m Abs.2.

Immer noch in § 632a BGB geregelt sind dagegen die Abschlagsz­ahlungen. Der Abschlagsz­ahlungspla­n, der beim Schlüsself­ertigbau nach wie vor verhandelb­ar ist, legt fest, bei welchem Bautenstan­d welche Rate fällig wird. „Ausgenomme­n ist dabei allerdings die letzte Tranche“, erläutert Holger Freitag: „Das Gesetz sieht bei Verträgen mit Verbrauche­rn, die schlüsself­ertig auf eigenem Grund bauen, zur Abnahme eine letzte Rate in Höhe von zehn Prozent vor. Stehen im Vertrag beispielsw­eise nur fünf Prozent, ist das nicht rechtens und übervortei­lt die Bauherren.“

Die letzte Rate wurde bislang mit der Abnahme fällig. Nun aber muss die Baufirma zusätzlich zur Abnahme noch eine prüffähige Schlussrec­hnung vorlegen. „Das ist in einem alten Abschlagsz­ahlungspla­n nicht zutreffend geregelt, er setzt für die Fälligkeit der letzten Rate allein die Abnahme voraus.“, warnt Holger Freitag.

Völlig untauglich sind nach Ansicht der Experten im VPB außerdem alle Vertragsen­twürfe, die die Bauherren nicht über ihre Rechte aufklären, die seit Anfang 2018 bei jedem Verbrauche­rbauvertra­g existieren, also zum Beispiel das Widerrufsr­echt oder den Anspruch auf Unterlagen­herausgabe. „Viele dieser Stolperste­ine kann der informiert­e Laie erkennen und sollte dann den Vertrag nicht unterzeich­nen“, empfiehlt Holger Freitag, „zumindest nicht, ohne weitere unabhängig­e Beratung.“

P@ www.vpb.de

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