Nordwest-Zeitung

Mehr Klagen über die Polizei

Ciskussion um Mindestgrö­ße entbrannt – Gewerkscha­ft für einheitlic­he Regelung

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

HANNOVER/REI Zwar ist die Zahl der Beschwerde­n über die Polizei in Niedersach­sen im vergangene­n Jahr gestiegen, die Mehrzahl der Einwände war aus Sicht des Innenminis­teriums aber unbegründe­t. Von den 296 bei der landesweit­en Beschwerde­stelle eingegange­nen Klagen über das Auftreten von Beamten seien acht Prozent begründet und fünf Prozent teilweise begründet gewesen, teilte das Innenminis­terium am Dienstag mit. 45 Prozent der Beschwerde­n sah das Ministeriu­m als unbegründe­t an, 34 Prozent erledigten sich von selbst oder wurden zurückgeno­mmen und acht Prozent ließen sich nicht aufklären.

Zwölf Beschwerde­n führten zu strafrecht­lichen Ermittlung­sverfahren. Sechs dieser Verfahren wurden später eingestell­t, sechs waren zum Stichtag am Jahreswech­sel noch offen.

Innenstaat­ssekretär Stephan Manke wertet die Ergebnisse als eine Bestätigun­g für die gute Arbeit der Polizei. Gemessen an der Zahl von rund 22 000 Polizisten in Niedersach­sen seien die Beschwerde­n „verschwind­end gering“. Und: 15 Mal gab es sogar ausdrückli­ch Lob für die Polizei.

Die Zahl der Beschwerde­n über Polizisten ist unterdesse­n gestiegen. Sie bleibt aber auf niedrigem Niveau.

HANNOVER Hoch sind die Hürden für den Dienst in der Polizei wirklich nicht. In Niedersach­sen müssen Bewerberin­nen 1,63 Meter groß sein und Männer 1,68 Meter. Zu viel, zu wenig? Nicht nur vor diversen Gerichten tobt der Streit, sondern auch unter Politikern. „Eine Mindestgrö­ße für Polizisten halten wir im Grundsatz für richtig und sachdienli­ch“, betont Ex-Innenminis­ter Uwe Schünemann (CDU), der allenfalls klären will, „ob unterschie­dliche Mindestgrö­ßen für Frauen und Männer wirklich sinnvoll sind“. „Quatsch!“, hält der FDP-Innenpolit­iker JanChristo­ph Oetjen dagegen. Studien würden belegen, „dass kleine Polizisten keine Nachteile im Polizeidie­nst haben“. Oetjens Schlussfol­gerung: Weg mit der Mindestgrö­ßenregelun­g!

Gendermäßi­g korrekt streiten die Grünen mit, die „eine generelle Abschaffun­g von geschlecht­sbezogenen Mindestgrö­ßen“ fordern. „Mindestgrö­ßen sind klar diskrimini­erend“, stellt Ex-Minister Christian Meyer (Grüne) klar. Wichtig seien allein „eine gute Ausbildung, sportliche Fitness und nicht die Körpergröß­e“.

Und die Polizisten selbst? Die beiden größten Gewerkscha­ften GdP und DPolG halten Mindestgrö­ßen schon für sinnvoll, aber sie plädieren für eine geschlecht­erunabhäng­ige Regelung. Mit Spannung blicken alle auf den Prüfberich­t, den das Innenminis­terium von der Polizeiaka­demie und vom Landespoli­zeipräside­nten angeforder­t hat.

Unterdesse­n streiten die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) und das Innenminis­terium über die Arbeit der Beschwerde­stelle im Ministeriu­m. Innenstaat­ssekretär Stephan Manke zollt höchstes Lob: „Nach dreijährig­em Bestehen ist die Beschwerde­stelle zu einem wichtigen Anlaufpunk­t für die Anliegen der Bürgerinne­n und Bürger geworden“, zieht Manke eine Bilanz zu den Zahlen für 2017. Mit insgesamt 689 Hinweisen stieg die Zahl der Beschwerde­n um acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. In 418 Fällen ging es um die Arbeit der rund 22 000 Polizisten in Niedersach­sen. Dabei ärgerten sich 58 Prozent der Beschwerde­führer über das Verhalten von Polizisten, 19 Prozent über die Ermittlung­en, neun Prozent über die Art der Anzeigenau­fnahme und drei Prozent beschwerte­n sich über Verkehrsko­ntrollen.

„Die Statistik zeigt, dass die Beschwerde­stelle in dieser Form überflüssi­g ist“, betont GdP-Chef Dietmar Schilff: „Die Zahlen rechtferti­gen keine Beschwerde­stelle, die die Polizei ausdrückli­ch benennt“. Es sei nicht zu akzeptiere­n, dass eine einzelne Gruppe im öffentlich­en Dienst herausgest­ellt werde. Schließlic­h, so Schilff, zeige eine aktuelle Studie, dass 90 Prozent der Bürger in Niedersach­sen der Polizei vertrauen.

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