Die mächtigste Militärallianz zittert
Warum die Partner vor dem heutigen Nato-Gipfel düsterste Szenarien nicht ausschließen
Donald Trump hat schon vieles kaputt gemacht, was lange als gewiss galt. Spaltet er auch das mächtigste >ilitärbündnis der Welt?
FRASSEL/WASHINGTON EiFd die Nato Ende dieser Woche noch das Bündnis sein, das es knapp 70 Jahre lang war? Wohl noch nie zuvor hat es vor einem Gipfeltreffen der mächtigsten Militärallianz der Welt so viel Unsicherheit und Sorgen gegeben wie in diesem
Jahr. Die Staats- und Regierungschefs aus Europa und Kanada müssen fürchten, dass US-Präsident Donald Trump dem Bündnis im eskalierten Streit über Verteidigungsausgaben nicht wiedergutzumachenden Schaden zufügt.
Schon die Drohung, eine Fortsetzung des bisherigen amerikanischen Nato-Engagements an wesentlich höhere Militärausgaben von Ländern wie Deutschland zu koppeln, könnte genügen, um das an diesem Mittwoch beginnende Spitzentreffen in einem Debakel enden zu lassen.
Gerade die Nato-Gipfel sind nämlich dafür da, dem
Rest der Welt zu zeigen, wie unzertrennbar, wie unerschütterlich man zusammensteht. Jeder mögliche Gegner soll wissen, dass er es im Fall eines militärischen Angriffs auf einen Bündnispartner auch mit allen anderen 28 zu tun bekommen würde. Abschreckung ist die beste Verteidigung, lautete einer der Leitsprüche der Nato.
Die so wichtige Glaubwürdigkeit der Abschreckung ist derzeit allerdings stärker in Gefahr denn je zuvor. Schon beim Nato-Gipfel im vergangenen Jahr hatte Trump für einen Eklat gesorgt, weil er sein Grußwort zu einer Denkmalenthüllung nutzte, um aggressiv Kritik an den seines
Erachtens zu niedrigen Verteidigungsausgaben von Partnern wie Deutschland zu üben. Nun wird bei der Nato befürchtet, dass Trump es in diesem Jahr nicht bei einer weiteren lautstarken Beschwerde belassen könnte.
Keine 48 Stunden vor seinem Abflug zum Gipfel schrieb Trump noch einmal auf Twitter, dass die Lastenteilung innerhalb des Bündnisses weder fair noch akzeptabel sei. Zuvor hatte er bereits böse Briefe an Kanzlerin Angela Merkel und andere Staats- und Regierungschefs von Ländern mit vergleichsweise niedrigen Verteidigungsausgaben geschickt.
Dass Deutschland nach
wie vor zu wenig für Verteidigung ausgebe, schwäche die Sicherheit des Bündnisses, soll Trump nach Angaben aus Nato-Kreisen in dem Brief geschrieben haben. Dass die USA trotz der guten Konjunktur in Deutschland mehr als angemessen in die Verteidigung Europas investierten, sei nicht mehr tragbar.
Was die Konsequenzen sein könnten, dokumentierte wenig später die „Washington Post“. Sie berichtete, dass im US-Verteidigungsministerium die Auswirkungen eines großflächigen Rückzugs oder einer teilweisen Verlegung der rund 30000 in Deutschland stationierten US-Soldaten geprüft werde.