Nordwest-Zeitung

Donturenlo­se SPD taumelt am Abgrund

Der epochale Niedergang der Sozialdemo­kratie scheint unaufhalts­am – Europäisch­e Dimension

- Autor dieses Beitrages ist Thomas Haselier. Der 63 Jahre alte Redakteur schreibt regelmäßig zu politische­n Themen. @Den Autor erreichen Sie unter haselier@infoautor.de

Nur noch 17 Prozent aller Wählerinne­n und Wähler würden der SPD ihre Stimme geben. Genauso viele würden derzeit die AfD wählen, so das Ergebnis der jüngsten EmnidUmfra­ge. Es ist dieser Vergleich, der das ganze Dilemma der deutschen Sozialdemo­kratie deutlich macht. Die Partei hat sich von den Populisten das Thema Migration als Kernthema aufdrängen lassen. Es zeigt sich: Der Wähler goutiert das nicht.

Statt endlich sozialdemo­kratisch Kante zu zeigen und einen klaren Kurs für den konsequent­en Erhalt des Asylrechts zu fahren, präsentier­t sich die Partei mut- und konturenlo­s. In der leidigen Migrations­debatte lässt sich die SPD von der Union die Verantwort­ung für den Bestand der Groko zuschieben, die der außer Kontrolle geratene CSU-Innenminis­ter Seehofer zur Dispositio­n gestellt hatte.

Einmal mehr versagte die nach dem Wahl-Debakel als Krisenmana­gerin ins Amt gehievte Bundesvors­itzende Andrea Nahles, als sie den Widerstand ihrer Partei gegen den faulen Asylkompro­miss der Union darauf reduzierte, dass Transitzen­tren nicht mehr Transitzen­tren heißen sollen, als änderte das irgendetwa­s an dem Zynismus, den die vordergrün­dige Umbenennun­g verbergen soll. Damit stürzt Nahles die eigene Partei erneut in eine Zerreißpro­be aus der Furcht heraus, bei einem Scheitern der Groko und den folgenden Neuwahlen noch deutlicher abgestraft zu werden.

Die Partei taumelt weiter am Abgrund. Wie die CDU/ CSU erlag auch Nahles letztlich der Versuchung, der AfD das Wasser abzugraben, indem man einfach deren einziges Thema besetzt – ein verhängnis­voller Trugschlus­s.

Die wirklich drängenden Probleme im Lande geraten derweil immer mehr in den Hintergrun­d, eben weil keine eindeutige­n Positionen in sozialdemo­kratischer Tradition erkennbar sind: Altersarmu­t, Pflegenots­tand, Steuergere­chtigkeit – sozialdemo­kratische Grundsatzü­berzeugung­en wurden geopfert auf dem Altar einer propagiert­en staatspoli­tischen Vergeblich­es Warten auf die Trendwende: Andrea Nahles und Olaf Scholz.

Verantwort­ung für die Bildung der von der Basis verabscheu­ten Großen Koalition. ð Vorstellun­gen von einer nachhaltig­en Rentenrefo­rm? Fehlanzeig­e. ð Bildungsre­formen für mehr Chancengle­ichheit? Mutlos. ð Sozialdemo­kratischer Widerstand gegen die Aufstockun­g des ohnehin aufgebläht­en Wehretats? Existiert nicht. ð Eine klare Position im Umgang mit dem türkischen Despoten Erdogan? Nicht erkennbar. ð Maßnahmen gegen den Klimawande­l? Halbherzig.

Als Hypothek schleppt die Partei auch noch ihre Altvordere­n Schröder und Gabriel mit. Altkanzler Schröder steht in der Kritik, weil er sich beim russischen Jlkonzern Rosneft eine goldene Nase verdient. Auch Sigmar Gabriel versilbert seine Kontakte als Bundeswirt­schaftsmin­ister und heuert bei Siemens und Alstom an. Das kommt nicht überall gut an. Und mit Per Steinbrück steht noch immer ein Sozialdemo­krat für die unglaublic­he Milliarden­spritze an Großbanken, die sich verzockt hatten.

Der epochale Niedergang der Sozialdemo­kratie ist jedoch nicht national begrenzt, er hat europäisch­e Dimensione­n. Während Europa von den Nationalpo­pulisten geflutet wird, verabschie­det sich überall die Sozialdemo­kratie in die Bedeutungs­losigkeit. Auf ganze K,4 Prozent kam

2017 der sozialisti­sche Präsidents­chaftskand­idat Benoît Hamon in Frankreich. Auch die Sozialdemo­kraten in den Niederland­en scheiterte­n bei der zurücklieg­enden Wahl grandios. Sie stürzten von gut 25 auf 5,7 Prozent ab. Ähnlich erging es den österreich­ischen und tschechisc­hen Sozialdemo­kraten. Auch in Spanien geht es abwärts, wenngleich da nicht ganz so dramatisch.

Nur die Engländer stemmen sich noch erfolgreic­h gegen den Negativtre­nd. Der Altlinke Jeremy Corbyn und die Labour Party zeigten bei den vorgezogen­en Parlaments­wahlen, dass es auch anders geht, wenn man sich auf ursprüngli­che sozialdemo­kratische Themen besinnt. Corbyn punktete mit Verspreche­n wie Verstaatli­chung, Steuererhö­hungen für die Reichen sowie Bildung für alle, wobei er jetzt auch davon profitiere­n dürfte, dass viele Brexit-Kritiker sich der Labour Party zuwenden.

Eigentlich wäre der Corbyn-Erfolg eine Nachricht für die hiesige sozialdemo­kratische Führungsri­ege um Nahles und Scholz. Doch die haben sich längst mit Haut und Haaren dem Machterhal­t in der Groko verschrieb­en. Dass schon jetzt für die nächste Bundestags­wahl Olaf Scholz, dessen Name vor allem mit dem Katastroph­en-Gipfel von Hamburg in Verbindung steht, als kommender Kanzlerkan­didat gehandelt wird, ist kein schlechter Witz, sondern weiterer Beleg für die Todessehns­ucht der deutschen Sozialdemo­kratie. Be riff : „Irgendwann kommentier­en Spieler ihr eigenes Spiel“, Kolumne „Hingeschau­t“von Horst Hollmann, Sport, 5. Juli

Ununterbro­chen wird der Zuschauer von den Reportern von ARD und ZDF in Teilsätzen, mitunter zusammenha­nglos und verschacht­elt, ohne Punkt und Komma, zugeblubbe­rt. Und wenn man nicht mehr weiter weiß, wiederholt man den SchP Alle Reporter? Nein. Die Ausnahme ist Frau Neumann vom ZDF, die es sehr gut macht. Für das nächste FußballGro­ßereignis wünsche ich mir eine Fernbedien­ung mit einer Taste, mit der man den Kommentato­r ausschalte­n kann. Dann würde man auch die Atmosphäre im Stadion mitbekomme­n. Weiterer Effekt: bei dem teilweisen Gebrülle läuft man dann auch nicht Gefahr, einen Tinnitus zu bekommen.

Manfred Istel Rastede

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BILD: DPA
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