Nordwest-Zeitung

KMammutpro­zess nach Mammutverb­rechen“

Ombudsfrau Barbara John zieht Bilanz – Angehörige fordern Höchststra­fe für Zschäpe

- VON CHRISTOPH LEMMER

FRAGE: Frau John, der NSUProzess dauerte mehr als fünf Jahre. Jetzt steht das Urteil unmittelba­r bevor. Ungeachtet des juristisch­en Ausgangs – wie ist Ihre %ilanz? JOHN: Eines kann man auf jeden Fall nicht sagen: dass das hier ein kurzer Prozess war. Zu diesem ja auch europaweit einmaligen Mammutverb­rechen gesellt sich dieser Mammutproz­ess. Das passt schon zusammen. Die Familien und Hinterblie­benen haben auch wahrgenomm­en, mit welchem Aufwand dieser Prozess geführt wurde. Es ging ja auch nicht anders. Das, was zu den Taten geführt hat, war tief verborgen. Die Angeklagte hat sich nie dazu geäußert. Alles musste mühsam zusammenge­tragen werden. FRAGE: Sie hatten nach den Plädoyers gefordert, dass %eate )schäpe zu lebenslang­er Haft verurteilt werden muss. Das kam bei Verteidige­rn wie eine Vorverurte­ilung an. Haben Sie da nicht eine Grenze überschrit­ten? JOHN: Ich habe gesagt, dass für die Opferfamil­ien nur die Höchststra­fe infrage kam. Wenn Beate Zschäpe Einlassung­en gleich nach ihrer Selbststel­lung gemacht hätte, wenn sie ihrer ersten Eingebung gefolgt wäre, dann wäre das sicher anders verlaufen. Aber das hat sie ja nicht getan. Ich frage mich auch: Warum wollte sie nicht dazu stehen, dass sie nicht nur mit der Ideologie, sondern auch mit der Durchführu­ng der Morde viel zu tun hatte? Anders lassen sich die 13 Jahre gemeinsame­s Untergrund­leben nicht erklären. FRAGE: Als der NSU aufflog, da versprach die %undeskanzl­erin volle Aufklärung. Wenig

später ließ ein %eamter des %undesverfa­ssungsschu­tzes Akten schreddern. Wie geht das für Sie zusammen? JOHN: Gar nicht. Danach müsste im Kanzleramt klar gewesen sein, dass die Richtlinie­nkompetenz für das, was sich in den staatliche­n Ämtern abspielt, keine Bedeutung hat. Das Aktenschre­ddern war ein Skandal erster Güte, der wohl zu nichts weiter geführt hat als zu ein paar Versetzung­en. FRAGE: Hätte der Staat die NSU-Verbrechen verhindern können? JOHN: Ja, das hätte man verhindern können. Das hat vor allem die Aufklärung des ersten Thüringer Untersuchu­ngsausschu­sses ergeben. Wenn damals, nachdem in der von Zschäpe gemieteten Garage Sprengstof­f gefunden wurde, das Selbstvers­tändliche getan worden wäre, hätte man das Kommende verhindert. Also: eine Suchaktion ausgelöst und die Leute verhaftet. Das ist nicht passiert.

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