Manchmal kommt ein umzingelter Witz auch heraus
der Spielzeit gezeigt. Auch würden Teile der Partien herausgeschnitten. Von dem Spiel Brasilien gegen Belgien seien weniger als 70 Minuten zu sehen gewesen. Das Duell Belgien gegen Japan im Achtelfinale sei komplett übergangen worden. „Das ist womöglich auf die harte Linie der Staatsmedien gegen Japan zurückzuführen“, hieß es. Nordkorea habe das Nachbarland in diesem Jahr wiederholt kritisiert.
Fußball ist in Nordkorea sehr beliebt. Das Land hatte an den beiden WM-Turnieren 1966 in England und 2010 in Südafrika teilgenommen. Als Sensation galt der 1:0-Sieg gegen Italien bei der WM in England.
Das Gute am Spiel ist, dass es irgendwann zu Ende geht. Das Schlechte am Fernsehen ist, dass dann längst noch nicht Schluss ist. Also folgt noch die Aufarbeitung des Fußballtages unter dem Etikett „WM-Kwartira“. Sie sei „Teil einer großen ARD-Seriositätsoffensive.” Was zeigt, dass der spätabendliche Absacker genau anders gemeint ist.
Da sitzt der Zuschauer nun – und weiß nicht wirklich, was er mit diesem nach der typischen russischen Einraumwohnung benannten Format anfangen soll. „Kwartira” ist nach „Waldis WM-Club” von 2010 und „Beckmanns Sportschule” von 2016 der nächste Versuch, die Granaten des Tages mit dem Zugriff des Witzes zu entschärfen.
Auf jeden Fall wirken die aktuellen Blödel- und KlügelRunden auf St. Pauli überraschender und treffsicherer als die Spar-Gags in den Vorgänger-Serien. Das heißt nicht unbedingt, dass sie qualitativ gut seien. Fehlpässe lösen Traumpässe ab. „Kwartira” hat die Vorrunde nur mit einigen Elfmeter-Entscheidungen überstanden. Und inzwischen steht es mit der Kondition nicht mehr zum besten.
Auf jeden Fall fahren die Moderatoren Jörg Thadeusz am Schreibtisch und Micky Beißenherz auf dem roten Sofa derartig zickzackig durch die Tagesthemen, dass die Gäste wechselweise seekrank und sehkrank werden. Doch gerade das macht eine der Stärken dieser Serie aus. Sie wirkt anregend improvisiert. Hartnäckig umzingelt sie den Witz. Ab und an kommt einer sogar heraus. „Manchmal ist uns auch der eine oder andere Witz aus dem Ruder gerutscht”, nickt Beißenherz. Das hat dann dem berühmten Fass die Krone mitten ins Gesicht geschlagen.
Es soll zwar keine Absprachen unter den Club-Gästen von Nia Künzer und Lewis Holtby über Britta Heidemann oder Shkodran Mustafi bis zu Ivan Klasnic und Michael Mittermeier gegeben haben. Aber auffällig viele bekunden, dass deutsche Sportfreunde „viel zu nörgelig” seien und „sich so selbst den Blick auf jenen Spaß verstellen”, den selbst diese deutsche Kurz-WM bietet.
Also: Wir freuen uns über eine Art von „Kwartira”-Humor, den man ebenso feinfühlig streicheln wie robust in den Arm nehmen kann. Etwa, wenn richtig gestellt wird, dass Mario Basler nie offiziell aus der Nationalmannschaft ausgetreten ist. Nein, er ist nur mal eben Zigaretten holen gegangen. Oder, wenn Wladimir Putin bei der WM das erste Ergebnis seit Jahren erlebt haben soll, das für ihn überraschend gekommen ist. Und wenn Jörg und Micky die Kommunikation um den DFB-Kader mit Emojis abbilden.
„Kwartira” kann widerfahren, dass es nur wegen des Ausfalls von Oliver Polak, der versuchte, einen Komiker darzustellen, gegen Lothar Matthäus in Erinnerung bleibt. Ein solches Fazit hat die Sendung bei allen Einwänden nicht verdient.