Nordwest-Zeitung

Harter Marmor zum Kuscheln

Bildhauere­i mit hohem Unterhaltu­ngswert in Wilhelmsha­ven

- VON JÜRGEN WEICHARDT

Das Künstlerdu­o Julia Venske und Gregor 3pänle erschafft große und kleine Monster mit Rüssel. Die 3auger haben nun die Kunsthalle in Wilhelmsha­ven übernommen.

WILHELMSHA­VEN Weißer Marmor aus Südtirol, den sie in scheinbar beseelte Skulpturen verwandeln, ist das Arbeitsmat­erial der gebürtigen Berlinerin Julia Venske (Jahrgang 1971) und des aus München stammenden Gregor Spänle (Jahrgang 1969). Die beiden Steinbildh­auer sind seit 1997 als Künstlerdu­o in der ganzen Welt unterwegs und machen derzeit in der Kunsthalle Wilhelmsha­ven Station.

Sie hatten einige Tonnen härtesten Marmors im Gepäck, als sie vor der Kunsthalle ankamen. Aber geübt in vielen Ausstellun­gen auf allen Kontinente­n verteilten Julia Venske und Gregor Spänle ihre Kunstwerke so geschickt, dass sich die rüsselarti­gen Saugerform­en und ihre klei„Myzoten“, nen Verwandten im Raum wohl zu fühlen scheinen. Sie haben die „Übernahme“der Kunsthalle vollzogen, so der Titel der Ausstellun­g.

Nach einer Ausbildung in Italien und Residency in Melbourne in Australien leben und arbeiten Venske und Spänle heute in München. Mehr als 70 Ausstellun­gen auf allen Kontinente­n haben sie mit ihren ungewöhnli­chen Figuren bestückt. Seit 20 Jahren verfolgen sie konsequent ihr Konzept einer Skulptur als Eingriff in die Wirklichke­it.

Ausgehend von der Tropfenfor­m hat das Künstlerpa­ar

große Monster mit Rüssel, die aus ihrem Leib erwachsen, und kleine „Helotrophe­n“geschaffen, kuschelige Rundformen, die wie beiläufig auf dem Tisch liegen, in Warenkörbe­n, Eimern oder am Fußboden lauern – Marmor-Tierchen, die mancher mit ins Bett nehmen möchte, damit sie nicht frieren. Außerdem befinden sich im Souterrain kleine, knubbelige Smörfs (amerikanis­che Schlümpfe).

Nur von einem Myzoten namens „Walli“geht Gefahr aus, er scheint eine Ziegelwand der Kunsthalle aufzusauge­n, während ein anderer Myzot mit Kamera einem Überwachun­gsteam Freude machen könnte.

Animalisch­e Formen aus härtestem Marmor schlagen und ihre Rundungen bis zu glatter Haut schleifen und polieren, sind zwar Arbeitspro­zesse, die schon antike Statuen entstehen ließen, aber Venske & Spänle geht es um Alternativ­en zur Tradition. Und so sind sie an Fantasiefi­guren aus Dschungelb­uch und Science Fiction geraten. An ihnen demonstrie­ren sie klassische Bildhauere­i mit hohem Unterhaltu­ngswert.

 ?? BILDER: AXEL BIEWER ?? Auch an der frischen Luft unterwegs: eine rüsselarti­ge Saugerform von Venske und Spänle, die in einen Stein zu beißen scheint. Kleines Bild unten: ein animalisch­er „Beobachter“in der Kunsthalle.
BILDER: AXEL BIEWER Auch an der frischen Luft unterwegs: eine rüsselarti­ge Saugerform von Venske und Spänle, die in einen Stein zu beißen scheint. Kleines Bild unten: ein animalisch­er „Beobachter“in der Kunsthalle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany