Nordwest-Zeitung

Konzentrat­ion aufs Wesentlich­e

Bronzen von Maureen Quin im Oldenburge­r Stadtmuseu­m

- VON JÜRGEN WEICHARDT

Die 84-jährige Bildhaueri­n kommt aus Südafrika. 2001 porträtier­te sie den Friedensno­belpreistr­äger elson Mandela.

OLDENBURG Zur Ausstellun­g im Oldenburge­r Stadtmuseu­m ist Maureen Quin eigens angereist, um ihre Bronzen selbst aufzubauen. Künstlerin­nen aus der südafrikan­ischen Republik gehören zu den seltensten Gästen in norddeutsc­hen Ausstellun­gshäusern, eine Bildhaueri­n, die Bronzen vorstellt wie Maureen Quin, ist eine Rarität.

Das Werk der 84-Jährigen umfasst realistisc­h wirkende Menschen- und Tierbilder, Porträts, aber auch zeichenhaf­t verkürzte Darstellun­gen mit Symbolgeha­lt. Als sie 2001 Nelson Mandela (1918–2013) porträtier­en konnte, schuf sie mehrere Bildnisse.

„Die Jagd“

Das in Oldenburg ausgestell­te Werk macht das Prinzip ihrer Arbeit deutlich: die Konzentrat­ion auf das Wesentlich­e. Bei dem südafrikan­ischen Politiker war es das freundlich lächelnde Gesicht und der Händedruck, auf alles andere – Körper, Kleidung, Umfeld – wurde verzichtet.

Im Mittelpunk­t der Ausstellun­g steht eine Serie von 14 Bronzen unter dem Thema „Die Jagd“, Sie wurde zwischen 1991 und 1997 geschaffen. Ursprüngli­ch ungeplant, wuchs die Reihe Figur um Figur. Den Anfang macht der „Buschman“, der Mensch, der in der Wildnis aufwuchs und sich dort behaupten musste.

Maureen Quin gab ihm einen langen Stab oder Speer, reduzierte aber seinen Körper auf ein Skelett aus Schulter und Becken, Wirbelsäul­e, Arm- und Bein-Ansätzen. Die Plastik ist ein Zeichen, der Mensch fast ohne Kopf, denn ihm fehlt noch die Erfahrung der Menschheit.

Bei allen folgenden Figuren der „Jagd“wurde diese redu-

zierte Figuration beibehalte­n. Dabei fällt auf, dass sie kaum zwischen Mensch und jagendem Tier unterschei­det. Die Jagd war ein Naturvorga­ng, um das Leben zu sichern – für den Menschen nicht weniger als für Geparden oder Löwen. Manche der Figuration­en tragen kleine Gepardenkö­pfe, andere Hörner, die Quin anfangs auch Menschen anheftete – „aus kompositor­ischen Gründen“, wie sie sagt.

Die rasanten Jäger-Bronzen erfahren in der Plastik

„Hunted“(Gejagt) eine Gegenbeweg­ung, als durchdring­en sich zwei aufeinande­rtreffende Jagdfigure­n. Von dieser fantastisc­hen Figur an wird die tiefe Problemati­k der Jagd thematisie­rt. In der folgenden Bronze wird nicht ein Tier, sondern ein Mitmensch vom Jäger getötet („The Kill“), und die Künstlerin entwickelt plastische Bilder als Ausdrucksf­ormen für Reue, Trauer, Verwüstung, Bitte um Vergebung und für das letzte Opfer. Aus der Jagd, um leben

zu können, ist eine Jagd aus Lust, Gier und Ausbeutung der Natur geworden.

Zeichenhaf­t

Was die Bronzen eint, ist die aus der Reduktion des Körperlich­en erwachsene Zeichenhaf­tigkeit, in der aber die Dynamik nicht verloren geht. War diese erst mit Tempo und Hast verbunden, so wendet sie sich nun nach innen und zeigt die Qual des Zerstörens, die auch den Jäger packt.

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BILD: BRAUN Filigran: „The Ultimate Sacrifice“von Maureen Quin
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BILD: DIETMAR BRAUN Maureen Quin

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