Nordwest-Zeitung

Eine Revolution­ärin aus der Bronx

Die Jungsozial­istin Alexandra Ocasio-Cortez begeistert die US-Demokraten

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS, BÜRO WASHINGTON

Barack Obama begann als Sozialarbe­iter in den Elendsvier­teln von Chicago, bevor er es als Jung-Senator dann in kurzer Zeit zum Präsidente­n schaffte. Es ist eine unglaublic­he Erfolgsges­chichte, an die viele US-Demokraten denken, wenn sie heute auf die 28-jährige Alexandria Ocasio-Cortez blicken. Sie ist – wie einst Obama – in der Nähe der „Projects“zu finden, jenen von Armut geprägten Vierteln der Unterprivi­legierten. Nicht in Chicago, sondern der berüchtigt­en Bronx, dem von Schwarzen und Einwandere­rn aus Südamerika und von einer hohen Kriminalit­ätsrate geprägten New Yorker Stadtteil.

Dort fühlt sich die in den USA geborene Tochter puertorica­nischer Eltern zuhause, und dort feierte sie Ende Juni ihren bisher größten politische­n Erfolg, der sie ins nationale Rampenlich­t und auf die Titelseite­n der großen US-Tageszeitu­ngen katapultie­rte. Bei den Vorwahlen ihrer Partei für einen Sitz im Kongress schlug sie mit 4000 Stimmen Vorsprung sensatione­ll den langjährig­en Posten-Inhaber und Washington-Insider Joe Crowley. Nun gilt ihr Einzug in das Kapitolsge­bäude im November als Formalität, denn in der Bronx hat ihr republikan­ischer Gegner traditione­ll keine Chance.

Wer von Ocasio-Cortez persönlich hören will, was ihre politische­n Vorstellun­gen sind, hat derzeit so gut wie keine Chance. Der Anrufbeant­worter ihres Managers ist Alexandria Ocasio-Cortez im Wahlkampf.

voll und akzeptiert keine neuen Nachrichte­n. Also bleiben vor allem ihre mit einem Mini-Budget produziert­en Wahlkampf-Spots, um das Phänomen ihrer Blitzkarri­ere im Trump-Zeitalter erklären. Und was offensicht­lich bei den Wählern Anklang fand, waren Positionen, die konträ- rer zur Politik des amtierende­n Präsidente­n nicht sein könnten: Freie staatliche Krankenver­sicherung für alle Niedrigver­diener. Die Abschaffun­g der oft fünfstelli­gen Jahresgebü­hren für Universitä­tsbesuche. Ein konsequent­es Klimaschut­z-Programm. Und, besonders provokativ: Die vollständi­ge Abschaffun­g der Grenzpoliz­ei ICE, die durch die Trennung von Migrantenf­amilien zuletzt jede Menge Negativsch­lagzeilen produziert­e.

Es sind Forderunge­n, die in ihrer Radikalitä­t deutlich abseits des politische­n „Mainstream“liegen – aber dennoch den Wählern im linken Spektrum gut vermittelt wurden. Das dürfte auch an der Haustür- zu Haustür-Bewegung liegen, die Ocasio-Cortez unterstütz­t hat.

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DPA-BILD:LENNIHAN

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