Nordwest-Zeitung

Fas#) )ksal der Bleistift-Erbin

ARD-Tochter verfilmt Leben von Ottilie von Faber-Castell

- VON MICHAEL HEITMANN

Ottilie von Faber-Castell (1877–1944) erbt noch jung den berühmten Familienbe­trieb. Auch ihr Privatlebe­n stellt sie vor Herausford­erungen. Jetzt wird ihr Leben für die ARD verfilmt.

TREBON Das Bierbrauen hat im tschechisc­hen Trebon (Wittingau) eine fast so lange Tradition wie die Karpfenzuc­ht. Seit 1379 wird in der früheren herrschaft­lichen Brauerei des Adelsgesch­lechts der Schwarzenb­ergs der goldene Gerstensaf­t hergestell­t. Doch für kurze Zeit wird die Brauerei zur Bleistiftf­abrik – für das deutsche Fernsehen.

Historisch­e Schauplätz­e

Hier und an anderen historisch­en Schauplätz­en in Tschechien verfilmt die ARDTochter Degeto das Leben der „Bleistift-Erbin“Ottilie von Faber-Castell. Als die attraktive junge Frau im Jahr 1893 das Erbe der großväterl­ichen Fabrik antrat, waren die Schreibwar­en aus dem mittelfrän­kischen Stein bei Nürnberg längst ein Begriff. Doch schon bald brach Ottilie aus ihrem goldenen Käfig aus.

Auf dem Innenhof der Brauerei stapeln sich Holzkisten mit der Aufschrift „A. W. Faber“. Ein Arbeiter zieht einen Holzkarren über das Kopfsteinp­flaster. Ein anderer führt einen weißen Hengst am Zügel. Ottilie, gespielt von Kristin Suckow, läuft auf den Hof, um zum ersten Mal in ihrem Leben ein Auto zu besteigen – damals eine kleine Sensation. Sie trägt ein schickes Kleid, wie es in der gehobenen Gesellscha­ft üblich war, und lacht laut vor Aufregung.

Diese Filmszene war ein glückliche­r Moment für Ottilie, doch das Leben meinte es nicht immer gut mit ihr. Ihr Vater und ihre beiden Brüder starben viel zu früh, sie wurde zur Alleinerbi­n. Schon bald heiratete sie am Familiensi­tz in Schloss Stein den elf Jahre älteren Premierleu­tnant Graf Alexander zu Castell-Rüdenhause­n (Johannes Zirner). Doch ihre eigentlich­e Liebe galt Philipp von Brand zu Neidstein (Hannes Wegener). Ottilie bekam fünf Kinder und wurde nach und nach aus der Verantwort­ung für den Betrieb gedrängt. Doch in einem für die damalige Zeit unerhörten Schritt verließ sie ihre Familie und ging zu Philipp.

Romanvorla­ge

„Die Ottilie von Faber-Castell zu spielen, ist für mich ein Traum“, sagt Suckow. „Ich glaube, dass sie sehr mutig war und dem gefolgt ist, an das sie geglaubt hat“, sagt die 29-Jährige. Die Gesellscha­ft sei schon damals im Umbruch gewesen, doch selbst heute gebe es noch keine volle Gleichbere­chtigung zwischen Mann und Frau und auch auf vielen anderen Ebenen große Ungerechti­gkeiten, so die Schauspiel­erin.

Für die Hochzeitss­zene zwischen Ottilie und dem Grafen, einen der Schlüsselm­omente des Films, suchte Kostümdesi­gnerin Petra Kray in ganz Europa nach einem passenden Kleid. Am Ende fand sie ein 120 Jahre altes Prachtstüc­k, ein champagner­farbenes Duchessekl­eid aus reiner Seide mit Brüsseler Tüllspitze am Dekolleté und den Ärmeln. „Am Rocksaum liegt ein schmaler Kranz aus weißen Marabufede­rn – wie auf Wolken schwebend“, sagt Kray.

Gedreht wurde diese Szene auf Schloss Libochovic­e (Libochowit­z), einem frühbarock­en Prachtbau, dessen französisc­her Garten nach dem Vorbild von Versailles angelegt wurde. „Wir hatten vorher Unterricht im Polka-Tanzen“, verrät Suckow.

Das Drehbuch stammt von Claudia Garde, die auch Regie führt. Es basiert auf dem 1998 erschienen­en Roman „Eine Zierde in ihrem Hause“von Asta Scheib. Es ist ein Stück deutscher Firmengesc­hichte, aber mehr noch das Schicksal einer Frau, die am Ende die Scheidung einreichte, um ihre Freiheit wiederzuge­winnen.

Und wer käme heute ohne die sechseckig­en Stifte aus, die anders als ihre runden Vorgänger nicht vom Tisch rollen, und einst von Ottilies Großvater Lothar erfunden wurden? Johannes Zirner, der den Grafen Alexander darstellt, sagt: „Stifte begleiten den Menschen ein Leben lang.“

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DPA-BILD: SKOLIMOWSK­A Bei den Dreharbeit­en: Schauspiel­er Johannes Zirner als Alexander von Faber-Castell und Kristin Suckow als Ottilie von Faber-Castell

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