Franzosen bejubeln zweiten WM-Titel
MOSKAU Frankreich hat zum zweiten Mal die Fußball-Weltmeisterschaft gewonnen. Im Endspiel gegen Kroatien setzten sich die Franzosen am Sonntag in Moskau mit 4:2 (2:1) durch und holten damit nach 1998 erneut den Titel. Das Team von Trainer Didier
Deschamps tritt die Nachfolge der deutschen Mannschaft an, die vor vier Jahren in Brasilien triumphiert hatte.
Vor 78 001 Zuschauern ging Frankreich durch ein Eigentor von Mario Mandzukic in der 18. Minute in Führung. Nach dem Ausgleich durch Ivan Perisic (28.) entschieden Antoine Griezmann
mit einem Handelfmeter (38.), Paul Pogba (59.) und Kylian Mbappé (65.) die Partie zugunsten des Favoriten. Kroatien verkürzte nur noch durch Mandzukic (69.).
Das Finale im LuschnikiStadion war kurz von vier Flitzern gestört worden. Die russische Polit-Punk-Gruppe Pussy Riot ließ verlauten, die Frauen auf dem Spielfeld seien ihre Mitglieder gewesen. Dazu stellte sie Forderungen auf: Politische Gefangene sollten freigelassen werden, Festnahmen bei Kundgebungen sollten aufhören, das Land brauche mehr politischen Wettbewerb.
Dem ehemaligen schottischen Spieler und späteren Trainer Bill Shankly wird folgender Satz zugeschrieben: Fußball, so Shankly, sei keine Sache von Leben und Tod. Nein, dieser Sport sei noch viel wichtiger als das.
Diese Maxime mag für einige deutsche Fans gelten, die über das desaströse Auftreten ihrer Mannschaft bei der nun zu Ende gegangenen WM in Russland noch immer nicht hinweggekommen sind – solche Leute gibt es. Die WM hat aber gezeigt, dass es inzwischen viel mehr Menschen gibt, die so ein Turnier als Unterhaltungsshow wahrnehmen. Wenn beispielsweise traurig dreinblickende Fans einer zurückliegenden Mannschaft von der Stadionkamera eingefangen wurden und diese Bilder auf der Anzeigetafel zu sehen waren, sprangen die meisten von ihnen plötzlich lachend auf und winkten. Ein kurzer Augenblick der Berühmtheit verdrängt eben schnell den Missmut. Dazu noch ein Selfie mit dem Sitznachbarn – und weiter geht’s.
Und so wurde oftmals deutlich, dass eine WM eine durchorganisierte Show geworden ist. Denn wenn der Weltverband Fifa Geldstrafen gegen Teams verhängt, weil sie es wagten, aus Flaschen zu trinken, auf denen nicht das Logo eines offiziellen Sponsors prangte, fällt einem außer Kopfschütteln nichts mehr ein. In sportlicher Hinsicht hat die WM zudem nichts Revolutionäres hervorgebracht. Auch Weltmeister Frankreich erfand das Spiel nicht neu, sondern spielte die bekannten Stärken einfach gut aus.
Ist nun deshalb alles schlecht und steril? Keineswegs. Viele WM-Touristen dürften in Russland überrascht worden sein – und zwar positiv. Denn die Herzlichkeit der Gastgeber hatte so gar nichts mit dem oft humorlosen Auftreten von Russlands Mächtigen zu tun. Viele Russen freuten sich über die Gelegenheit, ausländischen Besuchern ihr Land zu zeigen und nutzten sie eindrucksvoll.
Und welche wohl einmalig große, verbindende Kraft der Fußball trotz seiner Begleiterscheinungen hat, wurde besonders beim Vize-Weltmeister Kroatien deutlich. In dem Land stand das öffentliche Leben zeitweise still, weil jeder nur noch vom erfolgreichen Abschneiden der Mannschaft sprach und sang. Kein anderes Ereignis ist dazu fähig.
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