Nordwest-Zeitung

Jüdischer Professor wirft Bonner Polizei Lügen vor

Irrtümlic+ für Angreifer ge+alten – So lief <orfall aus Sic+t des Opfers ab

- VON CHRISTOPH DRIESSEN

BONN Der israelisch­e Philosophi­e-Professor, der in Bonn von einem Deutschen mit palästinen­sischen Wurzeln angegriffe­n und dann von den alarmierte­n Polizisten geschlagen worden war, hat schwere Vorwürfe gegen die Beamten erhoben. In einem Brief an die Nachrichte­nagentur dpa beschuldig­te Jitzchak Jochanan Melamed von der US-amerikanis­chen Universitä­t Baltimore die Polizei, „Lügen“zu verbreiten.

Melamed war von der Polizei zunächst irrtümlich für den Angreifer gehalten, überwältig­t und geschlagen worden. Dies hat die Polizei auch zugegeben und sich entschuldi­gt. Nach ihrer Darstellun­g gaben die beteiligte­n Beamten an, Melamed sei auf ihre Zurufe hin nicht stehen geblieben und habe sich dann gewehrt. Das Polizeiprä­sidium Köln untersucht den Vorfall.

Der 50-jährige Professor bestreitet das: „Ich war nicht zu 100, sondern zu 500 Prozent passiv“, sagte er der „Westdeutsc­hen Allgemeine­n Zeitung“(WAZ). Die Polizisten seien sofort auf ihn losgegange­n, er habe kaum noch atmen, geschweige denn Widerstand leisten können. Er habe nur gerufen, dass er der Falsche sei. Die Beamten hätten ihm die Hände mit Handschell­en auf dem Rücken gefesselt und ihn Dutzende Male ins Gesicht geschlagen, sodass er blutete. Gegenüber der WAZ beschrieb er: „Dann fingen sie an, mir ins Gesicht zu schlagen. Ungefähr 50, 60, 70 Mal L völlig verrücktO Ich war geschockt. Das ist ein abscheulic­hes Polizeiver­halten, wie man es sonst nur in einem Entwicklun­gsland findet.“

Später habe ihn einer der Polizisten belehrt: „DonPt get in trouble with the german policeO“(„Legen Sie sich nicht mit der deutschen Polizei an“). Er habe geantworte­t, dass er keine Angst mehr vor der deutschen Polizei habe. Diese habe 1942 seinen Großvater, seine Großmutter, seinen Onkel und seine Tante ermordet.

Auf der Wache hätten die Polizisten eineinhalb Stunden lang versucht, ihn von einer Beschwerde abzubringe­n. Am Ende hätten sie ihm deutlich gemacht, sollte er sich über sie beschweren, wären sie gezwungen, ihn zu beschuldig­en, sich widersetzt zu haben.

Nber den antisemiti­schen Angriff berichtete der Professor, der Angreifer habe ihn mit den Worten „Bist du Jude?“angesproch­en und hinzugefüg­t, dass er Palästinen­ser sei. Er habe daraufhin seine Sympathie für die Palästinen­ser bekundet. Der Mann habe ihn dann auf Englisch angeschrie­n, beleidigt und geschubst. Er habe ihm dreimal die Kippa vom Kopf geschlagen und gerufen, in Deutschlan­d sei es nicht erlaubt, sie zu tragen. Bis zum Eintreffen der Polizei seien mindestens 20 Minuten vergangen. Der WAZ sagte Melamed: „Ganz sicher habt Ihr ein Problem mit dem Antisemiti­smus, aber Ihr habt auch ein Problem mit brutaler Polizeigew­alt.“

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