Nordwest-Zeitung

Immer mehr Frauen rücken zum Löschen aus

Warum bei Bränden und Notfällen auch weibliche Einsatzkrä­fte gefragt sind

- VON HELMUT REUTER

HANNOVER Die Frage, ob Frauen physisch für den Feuerwehrd­ienst geeignet sind, hat der Einsatzall­tag längst beantworte­t. Mehr als jeder zehnte Feuerwehrm­itglied in Niedersach­sen ist weiblich, sprich: eine Feuerwehrf­rau. Mit einem Anteil von knapp zwölf Prozent liegt das Bundesland über dem Bundesdurc­hschnitt von 8,94 Prozent (Ende 2015). Tendenz steigend. Kampagnen wie „Frauen am Zug“und Slogans wie „Frauen an den (Brand-)Herd“oder „Frauen sind Katastroph­en (gewachsen)“haben ihre Wirkung in den Reihen der ehren- und hauptamtli­chen Feuerwehre­n nicht verfehlt. Aber auch der demografis­che Wandel sorgt dafür, dass die Zahl der Frauen an vorderster Einsatzlin­ie steigen wird.

„Ich kenne genug Männer, die 80 Kilogramm auch nicht einfach mal so stemmen“, sagt der Präsident der Landesfeue­rwehrverba­ndes Niedersach­sen (LFV-NDS) KarlHeinz Banse mit Blick auf die körperlich­e Leistungsf­ähigkeit. Das technische Gerät ist oft schwer, zu rettende Personen müssen geborgen und gehoben werden. Aber die Fitness-Ansprüche gelten für Männer und für Frauen gleicherma­ßen. „Die Arbeit der Frauen in der Feuerwehr ist sehr akzeptiert“, so Banse.

Die Zahlen sprechen für sich: Von rund 125000 Freiwillig­en Feuerleute­n sind in Niedersach­sen 14 466 Frauen, bei der Berufsfeue­rwehr sind es 83 von 2406 (Stand: 2016). 1990 waren es erst 3813 Feuerwehrf­rauen, davon vier bei der Berufsfeue­rwehr. 1993 gab es 5365 Frauen bei der Feuerwehr (3,8 Prozent), 1998 waren 7353 (5 Prozent). „Es geht immer weiter aufwärts, wie bei einer Leiter. Frauen steht heute eigentlich in der Feuerwehr der Weg bis ganz nach oben offen“, sagt Karla Weißfinger, bis vor Kurzem langjährig­e Landesfrau­enbeauftra­gte im LFV-NDS.

Dass der Job nicht ohne ist, weiß sie bestens. Schon seit vier Jahrzehnte­n ist sie Feuerwehrf­rau, ihr Mann war lange Zeit Ortsbrandm­eister, ihre drei Söhne sind alle bei der Freiwillig­en Feuerwehr. „Mit Atemschutz die Drehleiter rauf und runter und das vielleicht Tag für Tag. Das ist kein Schreibtis­chjob“, sagt sie. Frauen und Feuerwehr sei aber kein Novum. Zu Kriegszeit­en habe es viele Feuerwehrf­rauen gegeben. „Als dann die Männer aus dem Krieg zurückkame­n, haben sie den Schlauch aus der Hand gelegt, ähnlich wie die Trümmerfra­uen Säge und Hammer.“

Eine der ranghöchst­en Feuerwehrf­rauen Niedersach­sens ist Regina Lehnert, die als stellvertr­etende Abschnitts­leiterin der Region Hannover für Feuerwehre­n in den vier Kommunen Burgdorf, Lehrte, Sehnde und Uetze zuständig ist. Die 47-Jährige war zwölf Jahre Ortsbrandm­eisterin in Ahlten und bei Hunderten Einsätzen dabei. Sie sieht Frauen in den Feuerwehrs­trukturen und Führungspo­sitionen positiv. Traumatisc­he Einsätze gehören zum Alltag, gerade wenn ein Autobahnab­schnitt zum Einzugsgeb­iet gehört. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es manchmal für die Kameraden etwas leichter ist, mit einer Frau über solche Situatione­n zu sprechen“, sagt Lehnert.

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DPA-BILD: STEFFEN Sie ist eine der ranghöchst­en Feuerwehrf­rauen Niedersach­sens: Regina Lehnert (47) ist stellvertr­etende Abschnitts­leiterin der Region Hannover.

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