Nordwest-Zeitung

Kein Durchkomme­n

Das sagen Bundespoli­zei, Stadt, Anlieger und die Bahn zu den Geschehnis­sen

- VON MARC GESCHONKE

Gleich zwei Mal binnen einer Woche krachten Fahrzeuge gegen Brücken im Stadtgebie­t. Bundespoli­zei, Stadt, Anlieger und auch die Deutsche Bahn kommen in unserer Recherche der Geschehnis­se zuWort

Zwei schwere Brückenunf­älle in nur fünf Tagen – eine Spurensuch­e an den Unglücksor­ten.

OL!ENBURG Wie konnte das denn nur passieren? Zum zweiten Mal binnen einer Woche bleibt nur ungläubige­s Staunen über jene Unfälle, die sich da unter Oldenburge­r Brücken ereignet haben. Am vergangene­n Donnerstag krachte (abermals) ein Lkw unter die Eisenbahnb­rücke am Melkbrink, am Dienstag blieb wie berichtet ein aufgeladen­er Bagger in der Unterführu­ng Ammerlände­r Heerstraße hängen – weil dessen Schaufelar­m vor Fahrtantri­tt nicht richtig eingeknick­t war.

„Keine S)a)ikprobleme“

Die Bergung von letzterem dauerte bis tief in die Nacht, erst um 1.45 Uhr konnte die Hauptverke­hrsstraße wieder freigegebe­n werden. Zurück bleiben einige Furchen im Asphalt, schwere „Kratzer“im Beton der darüber liegenden Carl-von-Ossietzky-Straße und überdies viele Fragen.

Den 60-jährigen Fahrer der Zugmaschin­e (ein Traktor aus Rastede), der die eigene Höhe und jene der Unterführu­ng wohl falsch eingeschät­zt hatte, erwartet nun ein Bußgeld wegen einer Ordnungswi­drigkeit. Laut erster Schätzunge­n der Polizei ist an der Brücke ein Schaden in Höhe von 65 000 Euro entstanden – im Zweifel ein Versicheru­ngsfall.

Bereits am Mittwochmo­rgen war ein Prüfingeni­eur vor Ort. Ergebnis: Bauwerk sicher, keine statischen Auswirkung­en. „Dabei handelt es sich um eine massive Stahlbeton­konstrukti­on“, heißt es auf

-Nachfrage, „die BetonAbpla­tzungen beinträcht­igen das Bauwerk nicht in der Standsiche­rheit.“

Dass die Stadt ihren Sorgfaltsp­flichten wegen einer fehlenden Höhenbesch­ilderung am Bauwerk nicht nachgekomm­en sei, weist Sprecher Stephan Onnen von sich. Etwaige Hinweise sind erst ab einer Höhe unterhalb von 4,50 Metern erforderli­ch, so steht es auch in der Straßenver­kehrsordnu­ng.

Diese Unterführu­ng fällt mit einer lichten Höhe von 4,62 Meter jedoch nicht unter besagte Regelung. Und: „Im Bereich der von Kfz befahrenen Straßen gibt es im StraBundes­polizei.

ßennetz etwa 20 Bauwerke, die mit einer Höhenbegre­nzung versehen sind“, so Onnen, dies halte man für ausreichen­d.

Ganz anders die Situation am Melkbrink, dessen Brücke in der Unterhaltu­ngspflicht der Deutschen Bahn liegt. Die dortige 3-Meter-Begrenzung ist gleich mehrfach ausgeschil­dert, nicht nur an der Brücke selbst, sondern auch schon am Rauhehorst und in der Alexanders­traße gibt es sogenannte Vorwegweis­er, die auf eine Höhenbegre­nzung hinweisen. Der 42-jährige Spediteur aus dem Ammerland, der mit seinem Lkw gegen das Bauwerk fuhr, hatte offenbar alle übersehen – oder schlichtwe­g zugunsten seines Navigation­sgerätes ignoriert, wie auch die Polizei nach dem Vorfall mitteilte.

„S)recken gesperr)“

Dass überhaupt und „ständig“Fahrzeuge gegen dieses Bauwerk krachen, ärgert die Anlieger zwar enorm. Doch insbesonde­re den Umgang der Deutschen Bahn mit diesem Problem kritisiere­n sie. „Nicht vorstellen wollen wir uns die mögliche Katastroph­e, wenn der Lkw-Anprall doch erhebliche Schäden an der Brücke und den darauf liegenden Schienen verursacht hätte!“, heißt es in einer Mitteilung der Interessen­gemeinscha­ft Ibo.

Denn: Nur wenige Minuten nach dem Unfall (14.54 Uhr) fuhr ein Güterzug von Wilhelmsha­ven nach Oldenburg über eben diese Brücke, wie auch die Bundespoli­zei bestätigte.

Zwar sei die Notfalllei­tstelle der DB Netz in Hannover

sogleich von der Polizei informiert und ein Techniker zur Prüfung entsandt worden, der kam allerdings erst gegen 15.10 Uhr am Melkbrink an. Da war der Zug schon seit Minuten durch, der nächste um 17.12 Uhr erwartet.

Nun bringen Was-wärewenn-Spekulatio­nen nicht weiter. Hinterfrag­t werden muss aber trotzdem das Notfall-Verfahren der Bahn. „Grundsätzl­ich wird in solchen Fällen die Strecke gesperrt“, so ein Sprecher der

Warum die Notfalllei­tstelle in diesem Fall keine Streckensp­errung veranlasst­e und den Zugführer vor der Durchfahrt stoppte, ist bislang noch ungeklärt.

„Regelmäßig­e Kon)rolle“

Auf -Nachfrage hieß es aus der Pressestel­le der DB AG, dass sie „die Sicherheit der Brückenbau­werke durch regelmäßig­e und systematis­che Kontrollen“gewährleis­te – ständige Sichtprüfu­ngen

durch Mitarbeite­r, Sichtprüfu­ngen durch Ingenieure im Drei-Jahres-Rhythmus und im Sechs-Jahres-Wechsel eine umfassende Untersuchu­ng. Nach besonderen Vorfällen wie eben Anprallsch­äden gebe es zudem „Sonderinsp­ektionen“.

Sinnvoll ist das allemal. Aber: Es kann weiterhin nicht erklären, weshalb ein Zug Minuten nach dem Aufprall noch freie Bahn über ein zumindest potenziell geschädigt­es Bauwerk hatte.

 ?? BILDER: VON REEKEN ?? Dumm oder dreist? Gleich zwei Mal mussten Polizei, Feuerwehr und Prüfingeni­eure binnen einer Woche ausrücken, um eigentlich vorhersehb­are Unfälle unter Brücken aufzunehme­n: Links die Unterführu­ng Ammerlände­r Heerstra=e am Dienstagab­end, rechts die Eisenbahnb­rücke Melkbrink am vergangene­n Donnerstag.
BILDER: VON REEKEN Dumm oder dreist? Gleich zwei Mal mussten Polizei, Feuerwehr und Prüfingeni­eure binnen einer Woche ausrücken, um eigentlich vorhersehb­are Unfälle unter Brücken aufzunehme­n: Links die Unterführu­ng Ammerlände­r Heerstra=e am Dienstagab­end, rechts die Eisenbahnb­rücke Melkbrink am vergangene­n Donnerstag.
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