Nordwest-Zeitung

Trumps Dementi überzeugt nicht

Niemand glaubt an Verspreche­r von US-Präsident zu Wahlbeeinf­lussung

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS, BÜRO WASHINGTON

Trump war seinem Geheimdien­st in den Rücken gefallen. Auch die Korrektur enttäuscht­e.

WASHINGTON Nach den Aussagen von Helsinki hatten auch sonst enge Verbündete wie der Republikan­er Newt Gingrich vom US-Präsidente­n Donald Trump eine „Korrektur“gefordert – entsetzt über die weltweiten Reaktionen auf den Fakt, dass er beim Gipfeltref­fen mit Russland Staatschef Wladimir Putin ein klares Bekenntnis zu den eigenen Geheimdien­sten in Sachen Wahlbeeinf­lussung vermieden und stattdesse­n dem Dementi des Kreml-Chefs mehr Gewicht gegeben hatte.

Seit Dienstagab­end ist die Korrektur Trumps da. Seine Argumentat­ion: Er habe sich bei der Gipfel-Pressekonf­erenz schlichtwe­g einen Verspreche­r geleistet und eigentlich sagen wollen: „Ich sehe keinen Grund, warum es nicht Russland sein sollte.“Das „nicht“habe er dann versehentl­ich weggelasse­n. Doch wie glaubhaft ist diese Schadensbe­grenzungs-Offensive?  DAS TIMING

Der US-Präsident brauchte 28 Stunden, um öffentlich den vermeintli­chen Verspreche­r einzugeste­hen. Statt einer schnellen Reaktion auf die Kritiken hatte er zunächst

trotzig diese auf Twitter als „Fake News“bezeichnet. Wie Insider aus dem Weißen Haus jetzt US-Medien steckten, sollen nach dem Helsinki-Fiasko mehrere führende Mitarbeite­r und auch Kabinettsm­itglieder ihren Rücktritt für den Fall in Aussicht gestellt haben, dass der Präsident nicht zurückrude­re. Eine Richtigste­llung schon Stunden später hätte diese Personalkr­ise verhindert. Doch Trump habe stattdesse­n den Dienstag weitgehend damit verbracht, Wort für Wort seine Aussagen durchzugeh­en und einen Weg zu finden, seinen PutinSchmu­sekurs zu relativier­en. Am Ende sei dann nur die „Verspreche­r“-Variante geblieben.

 DER KONTEXT

Wenn es sich in Helsinki um einen puren Verspreche­r gehandelt hatte – warum erwähnte dann Trump im gleichen Atemzug, dass das Dementi Putins in Sachen Wahlbeeinf­lussung „extrem stark und kraftvoll“gewesen sei? Diese Aussage ergibt viel mehr Sinn, wenn sie im Zusammenha­ng mit der Original-Bemerkung Trumps gesehen wird. Zudem hatte es sich der US-Präsident geleistet, das FBI und die US-Justiz bei dem Auftritt zu kritisiere­n.  DIE RELATIVIER­UNG

Beim Ablesen seiner Erklärung am Dienstag, welche die Wogen glätten sollte, stellte er auch gleich wieder in typi-

scher Trump-Manier seinen Korrekturv­ersuch und die Schuld des Kreml infrage. „Es könnten auch andere Leute sein. Es gibt jede Menge andere Leute da draußen“, hatte Trump, von seinen gedruckten Bemerkunge­n abweichend, gesagt. Sprich: Neben Russland kämen auch andere Übeltäter in Frage. Zudem ließ Trump bei seinem Korrekturv­ersuch, wie Fotos des vierseitig­en Präsidente­nStatement­s beweisen, den zuvor eigentlich fest geplanten Satz aus: Er wolle jeden, der in die Wahleinmis­chung verwickelt sei, vor die Justizbehö­rden bringen.  DIE VERGANGENH­EIT

Schon beim Großbritan­nienBesuch in der vergangene­n Woche hatte der der Wahrheit nicht allzu sehr verbundene US-Präsident zu dementiere­n versucht, was nicht dementiert werden kann. Trump hatte im Interview mit der „Sun“die „Brexit“-Strategie von Theresa May und die Handelsstr­ategien der Premiermin­isterin scharf kritisiert, was in London als massiver Affront empfunden wurde. Das Blatt nahm die Aussagen auch auf Tonband auf.

Bei einer Pressekonf­erenz mit May behauptete Trump dann, die gedruckten Interviewa­ussagen und die MayKritik seien lediglich „Fake News“. Die „Sun“stellte den Originalto­n ins Netz und überführte den US-Präsidente­n öffentlich der Lüge.

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DPA-BILD: HARNIK Redet sich um Kopf und Kragen: US-Präsident Donald Trump stellte auch seinen KorrekturC­ersuch infrage.

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