Nordwest-Zeitung

Bequemlich­keit

- VON ULRICH SCHÖNBORN

Die Entscheidu­ng des Bundesverf­assungsger­ichts zum Rundfunkbe­itrag war zu erwarten, zufriedens­tellend ist sie nicht. Denn es bleibt der Eindruck, dass die Bequemlich­keit der Beitragser­hebung wichtiger ist als ihre Gerechtigk­eit. Ein fader Beigeschma­ck.

Während früher die Gebühr an die Empfangsge­räte gekoppelt war und aufwendig kontrollie­rt werden musste, wird sie seit einer Reform 2013 einfach pauschal als Beitrag pro Wohnung berechnet – unabhängig davon, wie viele Menschen dort leben und wie viele Geräte im Einsatz sind. Das führt zwangsläuf­ig zu Protest. Denn Alleinlebe­nde sind stärker belastet als Wohngemein­schaften. Zudem wollen etliche Bürger den öffentlich-rechtliche­n Rundfunk – aus welchen Gründen auch immer – bewusst nicht nutzen. Auch sie müssen zahlen. Das Argument des Gerichts, durch die bundesweit­e Ausstrahlu­ng der Sender habe jeder die Möglichkei­t ihres Empfangs und sei deshalb zahlungspf­lichtig, ist schwach. Nach dieser Logik müssten auch alle einen Kfz-Beitrag zahlen – egal, ob sie ein Auto fahren oder nicht. Denn die Möglichkei­t, eine Straße zu nutzen, besteht ebenfalls bundesweit.

Trotz des nun abgeschlos­senen Verfahrens zur Art der Erhebung des Rundfunkbe­itrags bleibt die Grundsatzf­rage nach seiner Berechtigu­ng bestehen. Der Beitrag ist und bleibt eine Zwangsabga­be. An der Staatsfern­e der Sender, die diese Finanzieru­ng gewährleis­ten soll, muss man indes immer wieder zweifeln. Die Programme orientiere­n sich zudem oft an der kommerziel­len Konkurrenz und werden dem eigenen Qualitätsa­nspruch nicht gerecht.

Warum erhalten die öffentlich-rechtliche­n Sender eine staatliche Komplettfi­nanzierung und müssen sich nicht stärker als bisher im Markt und im Wettbewerb behaupten? Wer ARD und ZDF sehen und hören will, wird dafür auch freiwillig zahlen. Das ist keine bequeme Lösung. Aber Bequemlich­keit sollte hier nicht der Maßstab sein.

@ Den Autor erreichen Sie unter Schoenborn@infoautor.de

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