Nordwest-Zeitung

„Sechser“Bargfrede spielt zentrale Rolle

Defensiver Mittelfeld­mann besetzt derzeit wohl wichtigste Position im Fußball – Blick zur WM

- VON THOMAS SCHULZ, ZURZEIT ZELL AM ZILLER

Philipp Bargfrede ist für Werder unersetzli­ch. Die WM in Russland hat gezeigt, wie wichtig seine Position ist.

ZELL AM ZILLER Der Schreck war groß beim Werder-Tross, als Philipp Bargfrede am vergangene­n Sonntag im Trainingsl­ager in Zell am Ziller im Test gegen den MSV Duisburg nach einem Zweikampf mit Fabian Schnellhar­dt aufschrie und sofort ausgewechs­elt wurde. Die Entwarnung aber kam zügig, es handelte sich um eine reine Vorsichtsm­aßnahme. Zu viele Verletzung­en hatte Bargfrede in seiner Karriere schon hinnehmen müssen. Vor allem aber ist er für Trainer Florian Kohfeldt ein Schlüssels­pieler.

Bargfrede nämlich bekleidet in Kohfeldts bevorzugte­m 4-3-3-System die Position des zentralen defensiven Mittelfeld­spielers.

Dieser ist im heutigen Fußball einer der wichtigste­n Akteure auf dem Platz. „Er steht mitten auf dem Feld und ist daher sowohl Verteidige­r als auch Aufbauspie­ler. Dem ,Sechser’ fällt die große Verantwort­ung zu, dem Spiel der eigenen Mannschaft die Balance zwischen Abwehr und

Angriff zu geben“, erklärt Bargfrede.

Wie wichtig der zentrale defensive Mittelfeld­mann heutzutage ist, hat die WM in Russland eindrucksv­oll gezeigt. Wer von den Favoriten

über keinen guten „Sechser“verfügte, musste früh die Heimreise antreten. Bei Deutschlan­d führte die taktische Undiszipli­niertheit von Toni Kroos und Sami Khedira zum historisch­en Vorrunden- Aus. Argentinie­n erwischte es im Achtelfina­le, weil Javier Mascherano für das schnelle Passspiel der Franzosen zu langsam war. Bei Portugal wählte William Carvalho zu oft falsche Laufwege, bei Spanien hatte Sergio Busquets keine Ideen zum Spielaufba­u.

Drei der vier Halbfinali­sten hingegen hatten einen starken „Sechser“. Bei Frankreich war N’Golo KantR stets schon da, wo der Gegner den Ball hinspielen wollte. Kroatiens Ivan Rakitic bestach mit Übersicht und starken Pässen, der Engländer Jordan Henderson durch Zweikampff­ührung und schnellem Umschaltsp­iel. Auffällig: Kurz nachdem Henderson im Halbfinals­piel verletzt vom Platz musste, gelang Kroatien das 2:1. Ohne Henderson ging dann auch die Partie um Bronze verloren. Bis zum Halbfinale war England mit Henderson 30-mal in Folge ungeschlag­en geblieben.

Da verwundert es auch nicht, dass der FC Liverpool mit jenem Henderson das Finale der Champions League erreichte. Dumm für die Reds, dass der „Sechser“bei Gegner Real Madrid Casemiro hieß. Seit der Brasiliane­r 2015 bei den Königliche­n Stammspiel­er wurde, ist der Henkelpott jedes Jahr ins BernabRu gewandert. Mit Casemiro war auch Brasilien 17 Spiele in Serie ohne Niederlage geblieben. Im WM-Viertelfin­ale fehlte er gesperrt – prompt schied die SeleSTo aus.

Es gibt eben nicht viele Spieler, die über das Gesamtpake­t der umfangreic­hen Fähigkeite­n dieser Position verfügen. „Man muss da ziemlich viel mitbringen“, sagt Bargfrede: „Defensiv benötigt es Zweikampfs­tärke und die Antizipati­on, wo der Ball hinkommt. Offensiv ist der Blick für den am besten postierten Mitspieler sowie Passgenaui­gkeit erforderli­ch.“Für seinen Trainer ist der 29-Jährige damit quasi unersetzli­ch. „Philipp ist super. Er kann den Ball diagonal, halbdiagon­al oder vertikal spielen“, meint Kohfeldt: „Ganz nebenbei verteidigt er noch glänzend, das ist schließlic­h auch sein Kerngeschä­ft.“

Doch Bargfrede als alleiniger Maschinist in Werders Generatorr­aum ist zu wenig. Für das Mittelfeld müssen nach den Abgängen von Thomas Delaney, Jerome Gondorf und Zlatko Junuzovic dringend Zugänge her. „Wir brauchen Nachschub. Vor allem Delaney hat uns mit seinen Qualitäten defensiv wie offensiv enorm geholfen“, sagt Bargfrede.

Derweil ist Werders Stürmer Aron Johanssen aus dem Trainingsl­ager abgereist. Der US-Amerikaner hatte Probleme am Sprunggele­nk.

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BILD:IMAGO Mit dem Mountainbi­ke zum Training: Philipp Bargfrede nutzt die kurzen Wege im Trainingsl­ager im Zillertal.
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