Nordwest-Zeitung

Ziehen Betriebe unbezahlte Pausen ab?

Gewerkscha­ft NGG sieht „Arbeitszei­tbetrug“

- VON ANNA-LENA SACHS

OLDENBURGE­R LAND/OSTFRIESLA­ND Eine Verkäuferi­n in einer Bäckerei arbeitet täglich acht Stunden. Sie ist alleine und hat nur wenig Zeit, eine Pause zu machen. Sobald ein Kunde kommt, muss sie ihre Pause unterbrech­en. Obwohl die Angestellt­e ihre Pause nicht einhalten konnte, wurden ihr am Ende des Tages 30 Minuten von der Arbeitszei­t abgezogen.

Das Beispiel geht aus einer Pressemitt­eilung der Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG) für die Region Oldenburg/Ostfriesla­nd hervor. Die Gewerkscha­ft sieht in solchen Fällen einen „Arbeitszei­tbetrug“durch den Arbeitgebe­r.

Die NGG hat nach eigenen Angaben eine Stichprobe­nerhebung in 105 Betrieben des Bäckerhand­werks, des Gastgewerb­es und der Ernährungs­industrie durchgefüh­rt. In 87 Betrieben würden Pausen automatisc­h abgezogen. Diese würden bei 13 Betrieben wieder korrigiert, sollten keine Pausen stattgefun­den haben. In 74 Betrieben fänden keine Korrekture­n statt. „Das Ausmaß der Betrugsfäl­le übertrifft unsere Befürchtun­g bei Weitem“, erklärte Christian Wechselbau­m, Gewerkscha­ftssekretä­r der NGG in Oldenburg.

Laut Rainer Balke, Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbandes (DEHOGA) Niedersach­sen, sei die Stichprobe­nerhebung nicht repräsenta­tiv. Im Weser-Ems-Gebiet gebe es rund 2000 Betriebe allein im Gastgewerb­e. In Ausnahmesi­tuationen sei es schon so, dass Pausenzeit­en nicht eingehalte­n werden können.

Es bestehe in vielen Betrieben im Gastgewerb­e die Absprache, dass Pausen dann genommen werden, wenn es möglich ist. Das komme vor allem auf die Geschäftsa­bläufe an, so Balke.

Nach Angaben der NGG war der Hintergrun­d der Erhebung, dass sich immer häufiger Beschäftig­te bei der Gewerkscha­ft gemeldet haben, weil in ihren Betrieben automatisc­h Pausen abgezogen werden, selbst wenn sie keine Pausen nehmen konnten.

Geschäftsf­ührer der Kreishandw­erkerschaf­t Delmenhors­t/Oldenburge­r Land Hartmut Günnemann zeigt sich hingegen überrascht. Ähnliche Anfragen seien an ihn nicht herangetra­gen worden. „Davon ist mir nichts bekannt“, berichtete er.

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