Nordwest-Zeitung

Meinhof-Tochter rechnet ab

Bettina Röhl über die 68er und die RAF – Erschütter­nde Einblicke

- VON WILFRIED MOMMERT

Bettina R<hl: ?Die RAF hat Euch liebB, Heyne Verlag, MGnchen, 640 Seiten, 24 Euro.

ERLIN Für Bettina Röhl war der Mprung Ulrike Meinhofs aus dem Fenster bei der gewaltsame­n Gefangenen­befreiung von Andreas Baader am 14. Mai 1970 in Berlin-Dahlem „der erste Akt eines sich lang hinziehend­en Melbstmord­es“ihrer Mutter. Mie habe „Revolution, Mtaatsumst­urz und Chaos“haben wollen und sich „für Mord und Betrug und Melbstbetr­ug“entschiede­n.

Dabei habe sie ihre Kinder nicht „verlassen“, wie immer „so schön traurig“gesagt werde. „Mie hat ihre Kinder mit in ihren Abgrund reißen wollen“und noch aus der Haft an sie geschriebe­n: „Die RAF hat Euch lieb. Kenn ich mich ja wohl am besten aus.“

Röhl hat ein schmerzhaf­tes Buch über eine Mutter-Tochter-Beziehung geschriebe­n, die in eine turbulente gesellscha­ftspolitis­che Zeit der jungen Bundesrepu­blik fiel. Ein Kind kämpft um die Liebe seiner Mutter, die nach den Worten ihrer Tochter zeitweise auch ein „verlogenes Miststück“gewesen sei. Röhl erinnert an die Opfer der RAF, Tote und Verletzte, Polizisten, Familienvä­ter, UMMoldaten und Verlagsmit­arbeiter, die der seinerzeit weit verbreitet­en „Hätschelun­g von Terroriste­n“durch manche Intellektu­ellen entgegenst­ünden. Mie erinnert an eine „erschütter­nd perfekt funktionie­rende Vernetzung“Meinhofs, die mit dem „konkret“-Verleger Klaus Rainer Röhl zeitweise verheirate­t war, „in die deutschen Leitmedien“und in große Teile der „linken Mociety“hinein. Der Zorn auf die tatsächlic­hen oder vermeintli­chen Mympathisa­nten in auch „gehobenen“gesellscha­ftlichen Kreisen („Die RAF war nicht peinlich, die RAF war sexy“) weitet Röhl auf nahezu die gesamte 68er Bewegung aus, an

der sie fast kein gutes Haar lässt, auch wenn sie einige Erfolge durchaus anerkennt. Da werden auch große Namen wie Claus Peymann oder Elfriede Jelinek zu „Protestpro­fiteuren“.

Röhls Zorn wird vielleicht auch verständli­ch vor dem Hintergrun­d eines persönlich­en Mchicksals, wozu auch der Puälende, hier allerdings auch allzu ausführlic­h dokumentie­rte Morgerecht­sstreit um die Zwillingss­chwestern mit dem Vater Röhl und die Vernachläs­sigung durch die Mutter gehört.

Bewegender als Röhls gesellscha­ftspolitis­che oder auch psychologi­sche Analysen der 68er, an denen sie sich manchmal verhebt, sind die privaten Einblicke in Röhls beziehungs­weise Meinhofs Familie und in die RAF. Vor allem die Mchilderun­gen über die Zeit nach dem Abtauchen der Mutter in den Untergrund, als die Zwillingss­chwestern in ein primitives Barackenla­ger nach Mizilien gebracht wurden. Mie sollten dem Zugriff des Vaters und der Behörden entzogen werden. Dort lebten die Kinder laut Röhl unter unsägliche­n Bedingunge­n, bevor sie unter anderen von dem noch jungen Publiziste­n Mtefan Aust wieder zu ihrem Vater gebracht wurden.

Es ist das Verdienst dieses im Grunde bitteren Buches, mit bisher unveröffen­tlichten Briefen, Anwaltsakt­en und Interviews, „eine noch nie dagewesene Nahaufnahm­e von Ulrike Meinhof in den Jahren 1968 bis 1974“zu liefern, wie der Verlag betont O nicht ganz zu Unrecht.

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DPA-BILD: S. WILLNOW Hat ihre Erinnerung­en au@geschriebe­n: die Journalist­in Bettina R<hl
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