Flüchtlingskrise ist hier noch jeden Tag zu spüren
Oldenburgerin berichtet vom Einsatz für Hilfsorganisation in Griechenland
OLDENBURG6THESSALONIKI „Ich werde nach England gehen und dort als Arzt arbeiten. Ich war sogar schon einmal dort”, sagt Abdul. Während er das sagt, steht er zwischen Thessalonikis Hochhausfassaden auf einem von Plastik und Kondomen übersäten Parkplatz. Dort reihen sich um die fünfzig Männer vor dem Kofferraum eines Kleinwagens auf. Vier weiße, junge Frauen verteilen übersüßten Chai und salzigen Bohneneintopf in Aluminiumschalen. Zusammengerührt wurde er von Freiwilligen der Soul-Food-Kitchen.
Die Organisation verteilt in Griechenland seit Jahren Essen an Geflüchtete und Obdachlose. Jeden Tag werden in einer halb überdachten Küche in einem Außenbezirk Thessalonikis Zwiebeln geschält, Karotten geraspelt und Reis gekocht. Alles vegan, alles halal und in jede Menge Plastik verpackt wird das Essen an Geflüchtete ausgegeben.
Neben den beiden improvisierten Gasherden steht eine Lagerhalle voller Sachspenden, die die Organisation „Help Refugees“sortiert und verteilt. Allerdings können die Männer auf dem verdreckten Parkplatz mit Kleidern, Röcken, Damenbinden und Windeln nicht allzu viel anfangen. Während 80 Prozent aller Spenden sich auf Frauen und Kinder beziehen, denen die Griechische Regie- Nur eine kleine Ecke, aber immerhin: Soul-Food verteilt Essen an Geflüchtete und Obdachlose.
rung zwar viel zu wenig, aber immerhin etwas finanzielle Unterstützung bereitstellt, besteht der Großteil der Geflüchteten aus jungen Männern.
Unterhaltungen mit europäischen Freiwilligen werden von den Geflüchteten zwar gerne angenommen,
helfen am Ende aber wenig. Die meisten Versuche, geflüchtete oder wohnungslose Menschen in Projekte zu integrieren, scheiterten an einer unverständlichen Bürokratie und unangekündigten Polizeikontrollen.
Das alles wirft die Frage auf, ob es überhaupt Sinn macht, all die Hilfsorganisationen zu unterstützen. Oder animiert man damit nicht vielmehr die Politik, sich auf der Arbeit der Hilfsorganisationen auszuruhen? Doch man hilft vielleicht nicht direkt nur den Betroffenen, sondern vor allem auch den eigentlichen Helfern: Menschen, die diese Projekte gründeten, tragen und humanitäre Hilfe als ihre Lebensaufgabe sehen. Respekt und Anerkennung haben sie sich ebenso verdient wie all diejenigen, die gerade um ein neues Zuhause in Europa kämpfen.
England ist also für Abdul, den Arzt aus Pakistan, das Ziel. Wie hat es ihm dort gefallen? Man habe ihn dort im Fernsehen sehen können, erzählt er. „Ich war in den Nachrichten mit Handschellen, als sie mich an der Grenze verhaftet haben. Aber ich werde es wieder versuchen.”