Nordwest-Zeitung

Aus Spaß wird eine Berufung

Florian Faust verschickt exotische Pflanzen europaweit

- VON WERNER FADEMRECHT

STREEKERMO­OR Das derzeit heiße, trockene Wetter scheint wie für seinen Garten gemacht. Florian Faust steht in Streekermo­or an der Zwenkauer Straße mitten unter Palmen und wirft einen kritischen Blick auf die Blätterspi­tzen im Zentrum der Fächer. Er weiß, solange sich dort kein Braun zeigt, geht es der Pflanze gut.

Der 38-Jährige kennt sich mit den exotischen Pflanzen sehr gut aus – und das muss er auch. Schließlic­h sind sie sein Firmenkapi­tal. Bislang hat Faust hauptberuf­lich als Milchlager­ist seinen Lebensunte­rhalt verdient. Die Botanik – das war anfangs nur ein Spaß, der sich nach und nach immer mehr zu einem ernstzuneh­menden Nebenerwer­bsjob entwickelt­e. In diesem Jahr nun will Florian Faust den Sprung in die Selbststän­digkeit wagen.

Bestärkt wird er dabei durch das große Interesse an seinen Pflanzen und dem Know-how, das er sich in den vergangene­n zehn Jahren angelesen und erarbeitet hat. Viele Bücher habe er gewälzt, erzählt er. „Der entscheide­nde Rest ist Erfahrunge­n zu sammeln.“

Beim Sprung in die Selbststän­digkeit setzt der Streekermo­orer nicht zuletzt auf die Kraft der sozialen Medien. 8745 Mitglieder zählt mittlerwei­le seine Gruppe auf Facebook, die den bezeichnen­den Namen „Flospalmen­oasenSuppo­rt“trägt. Die Gruppe gibt Ratschläge aller Art und beantworte­t Fragen wie „Was für eine Palmenart habe ich/ möchte ich haben?“, „Welche Schädlinge können zu einem Problem werden und wie schütze ich meine Pflanzen?“oder auch „Wie pflanze ich Palmen ein und um?“.

Damit nicht genug: Viele praktische Tipps und Tricks zeigt Florian Faust als Film. „Jede Woche gibt es ein neues und spannendes Video auf Youtube“, verspricht er. Seine neueste Idee ist ein umgebauter Kaugummi-Automat. In den drei Kammern liegen – sauber in Plastikkug­eln verpackt – Palmensame­n und Dünger. Einfach zwei Euro einwerfen und der Automat spuckt eine Kugel aus. Aufgestell­t wird der Prototyp direkt an Fausts Garten. „Weitere Standorte werden folgen“, verspricht er. Vor 14 Jahren fing alles als Spontankau­f auf der Internetbö­rse eBay an. Faust kaufte dort Samen der Trachycarp­us Fortunei, ohne Den Zustand seiner Palmen kontrollie­rt Florian Faust anhand der Farbe.

wirklich zu wissen, ob und wie das für nördliche Breiten ungewöhnli­che Grün unter den herrschend­en Bedingunge­n wächst.

Nun, offensicht­lich sehr gut – wenn man weiß, worauf

es ankommt. Das zeigt ein Blick in Fausts 200 m² großen Garten an der Zwenkauer Straße.

Mittlerwei­le ist diese Palmenart der Renner in seinem mehr als 50 Arten und etwa 25 000 Pflanzen zählenden Online-Angebot. Er verschickt Pflanzen und Saatgut europaweit, persönlich liefert der 38Jährige in einem Radius von etwa 100 Kilometern aus.

Die größte Gefahr für Palmen im hohen Norden ist nach Erfahrung des Experten übrigens nicht der Frost. Es gebe winterhart­e und frostharte Palmen, die bis zu minus 24 Grad Celsius verkraftet­en, sagt er.

Da reiche es, wenn die Pflanze im Winter mit einer Fließhaube eingewicke­lt werde. Problemati­sch sei eher zuviel Wasser. „Tod gießen oder gar nicht gießen – beides sind Anfängerfe­hler“, sagt Faust. Wer auf den Zustand der Blätter regelmäßig achte, habe ansonsten nicht viel Arbeit mit den Palmen. Sein Tipp: Wenn gewässert werden müsse, dann unbedingt Regenwasse­r nehmen. Das verhindere, dass Kalk die Poren der Blätter verstopfe.

Mittlerwei­le hat der 38-Jährige weitere exotische Gewächse in Streekermo­or angesiedel­t: Zitruspfla­nzen, Musa Basio (Banane) und auch Olivenbäum­e. Gibt es eine Eigenschaf­t, die ihm besonders bei seiner Leidenscha­ft hilft? „Geduld muss man haben“, sagt der Züchter, der viele Sämlinge und Jungpflanz­en in selbstgeba­uten Regalen zieht. Je nach Sorte könne es bis zu einem Jahr dauern, bis aus einem Samenkorn ein kleiner grüner Stängel sprießt.

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BILD: WERNER FADEMRECHT
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Diese NWZ-Serie porträtier­t Menschen, die den Schritt in die Selbststän­digkeit wagen.

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