Großer Paukenschlag bleibt aus
Verfassungsrichter erteilen Abgabe Segen – außer bei Zweitwohnungen
2er Rundfunkbeitrag ist verfassungsgemäß und gerecht, zumindest im Großen und Ganzen. Nur Menschen mit zwei Wohnsitzen hatten das Nachsehen – bis jetzt.
KARLSRUHE – Früher die „GEZGebühr“, heute der Rundfunkbeitrag: Dass in Deutschland jeder seinen Teil zur Finanzierung der öffentlichrechtlichen Sender beitragen muss, passt nicht allen. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch nimmt den Kritikern den Wind aus den Segeln. (Az. 1 BvR 1675/16)
Was ist anders mit dem neuen Rundfunkbeitrag
Seit 2013 wird pauschal für jede Wohnung kassiert – egal, wie viele Leute dort leben und ob sie überhaupt einen Fernseher haben oder ein Radio. Früher, als es noch die geräteabhängige Rundfunkgebühr gab, mussten Kontrolleure von Haus zu Haus. Jetzt gehen die Sender davon aus, dass sowieso in fast jeder Wohnung ein Fernseher steht. Immer mehr Menschen nutzen die Angebote außerdem mobil.
Wie funktioniert das Modell
Pro Wohnung werden im Moment 17,50 Euro im Monat fällig. Auch Unternehmen müssen zahlen – ob viel oder wenig hängt davon ab, wie viele Dienstwagen und Mitmehr arbeiter sie an wie vielen Standorten haben.
Welche Bedeutung hat der Beitrag für die Öffentlich-Rechtlichen
Für ARD, ZDF und Deutschlandradio ist er die Haupteinnahmequelle. 2017 kamen insgesamt 7,97 Milliarden Euro zusammen. Die Finanzierung über Beiträge oder Gebühren soll sicherstellen, dass die Sender nicht von politischen oder wirtschaftlichen Interessen abhängig werden. Sonst könnten sie ihrem gesellschaftlichen Auftrag, mit einer breiten, ausgewogenen Berichterstattung an einer freien Meinungsbildung mitzuwirken, nicht mehr gerecht werden.
Was stört die Kritiker
Ein Teil lehnt es aus Prinzip ab, für die öffentlich-rechtlichen Angebote zu zahlen. Andere finden, sie werden unverhältnismäßig stark zur Kasse gebeten: Denn wer allein lebt, zahlt unterm Strich als jemand in einer WG, die alleinerziehende Mutter mehr als das Doppelverdiener-Paar. In Karlsruhe geklagt hat auch der Autoverleiher Sixt, der für seine fast 50 000 Mietwagen und die vielen Standorte jedes Jahr einen siebenstelligen Betrag überweisen muss.
Wie sehen die Verfassungsrichter die Sache
Sie betonen die große Bedeutung eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit sorgfältig recherchierten Informationen – erst recht in Zeiten von Twitter, Algorithmen-gesteuerten Suchergebnissen im Internet und „Fake News“. Das Angebot der Sender mit fast 90 bundesweiten Programmen stehe jedem offen. Eine ExtraBelastung von 17,50 Euro im Monat sei dem angemessen.
Was bedeutet das Urteil für Menschen mit mehr als einer Wohnung
Sie können sich auf Entlastung freuen. Die Länder haben zwar bis Mitte 2020 Zeit, um die Regelung nachzubessern. Wer für seine Haupt- wohnung den Rundfunkbeitrag zahlt, kann aber ab sofort einen Antrag stellen und sich von weiteren Beiträgen befreien lassen. Geld, das seit 2013 kassiert wurde, gibt es allerdings nicht mehr zurück. Nur Beitragszahler, die noch einen Widerspruch gegen ihren Bescheid laufen haben, können sich rückwirkend befreien lassen.
Welche Auswirkungen hat das für die Sender
ZDF-Intendant Thomas Bellut nennt die Einbußen „nicht dramatisch“, genau könne das aber noch nicht beziffert werden. „Es handelt sich hier nur um einen kleinen Personenkreis“, sagt auch Heike Raab, die als rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin für das Vorsitzland der Rundfunkkommission spricht. Weil der Begriff Zweitwohnsitz nicht einheitlich definiert ist, hat das Statistische Bundesamt keine exakten Zahlen vorliegen.